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IKMZ Cottbus

Bibliotheksbauten

In vielen Blogbeiträgen dreht es sich um die aktuellen technischen Entwicklungen und ihre Relevanz für Bibliotheken. Das sind die spannenden Themen, mit denen ich mich meistens beschäftige. Aber in meiner allerersten Rezension geht es ausnahmsweise um Bauwerke.

Über die Ausstellung „Die Weisheit baut sich ein Haus : Architektur und Geschichte von Bibliotheken“ des Architekturmuseums der TU München in der Pinakothek der Moderne ist ja schon viel in den Zeitungen geschrieben worden (z.B. Tagesspiegel, Welt usw.). Letzte Woche Samstag hat VÖBBLOG nun auf einen aktuellen Artikel bei FAZ.NET hingewiesen mit dem merkwürdigen Titel „Der Mensch ist das Tier, das liest“. Da war ich neugierig und bin dem Link gefolgt. Und ich muss sagen, ich fand den Artikel wirklich lesenswert, trotz des merkwürdigen Titels. Auf die Idee war der Autor übrigens gekommen, als er das Titelblatt eines Comic-Heftes in einer Vitrine der Ausstellung sah.

Weiterhin wird sehr anschaulich auf die Geschichte der Bibliotheken eingegangen, wie Wissen gelagert wurde und verschwand, auch wenn sich das die Zeitgenossen, denen es doch so präsent war, gar nicht vorstellen konnten. Ich erfuhr interessante Details, die ich noch gar nicht aus der Bibliotheksgeschichte kannte, wie über die Bibliothekskammer des Tempels in Edfu (Ägypten).

St. Gallen, Stiftsbibliothek

St. Gallen, Stiftsbibliothek

Ein zentrales Thema dieser Ausstellung sind natürlich die Bibliotheksbauten von früher und heute, illustriert mit dem St. Galler Klosterplan. Na, das weckt Erinnerungen. Ende Mai 2011 habe ich mir diese beeindruckende Bibliothek angesehen, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Zum Beginn der Führung durch die Bibliothek machte uns der Bibliotheksmitarbeiter darauf aufmerksam, dass viele Besucher wegen der tollen Architektur kämen, die eigentlichen Schätze aber die Bücher seien, und zwar vor allem die unscheinbaren, die sonst meistens die Jahrhunderte nicht überleben würden. Und was braucht man, damit sich solche Bestände erhalten?! Eine Zeit, in der die Bestände vergessen wurden, und eine Menge Glück (Verschonung von Wasser, Feuer und Kriegsfolgen) und jemanden mit Interesse, der die Werte erkennt und die Bücher nicht einfach entsorgt. Zumindest mit dem Vergessen würde es heutzutage wohl nicht mehr gut funktionieren, wenn digitale Dokumente nicht darauf geprüft werden, dass auch die technischen Möglichkeiten zum Lesen vorhanden sind. Die Texte auf Stein, Papyrus, Pergament und Papier waren da vermutlich sicherer aufgehoben. Ein weiteres schönes Detail aus dem Leben einer Bibliothek mit uralten Büchern, dass mir in Erinnerung blieb, war, dass junge Wissenschaftler noch sehr vorsichtig und ehrfurchtsvoll mit den historischen Werken umgehen, während langjährig Forschende sie als eher als Informationsquelle wie jede andere sehen.

Treppe im IKMZ Cottbus

Treppe im IKMZ Cottbus

Und dann gibt es die berühmten Bibliotheksbauten des 21. Jahrhunderts. Es ist schon merkwürdig, wenn eine Bibliothek aus einem unscheinbaren Plattenbau in ein spektakuläres Gebäude umzieht, welches ein Stararchitektenbüro entworfen hat. Wenn plötzlich fotografierende Touristengruppen in der Bibliothek unterwegs sind oder einem schüchterne Einwohner aus der Stadt ganz im Vertrauen erklären, dass sie nur mal ihrem Besuch das Bauwerk zeigen wollen, aber selbst noch nie hier waren. Klar, und dann erst das erstaunte und glückliche Strahlen, wenn man ihnen schließlich das allerschönste Motiv zeigt.

Wer also bis zum 16. Oktober 2011 zufällig in München ist und sich für Bibliotheksbauten interessiert, wird die Ausstellung bestimmt nicht verpassen. Und alle, die es wie ich nicht einrichten können, haben sich sicher über die ausführlichen Berichte darüber gefreut.

Autor: lesewolke

Bibliothekarin und Bloggerin (weitere Beiträge)