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KOBV und BVB: Paradigma für die zukünftige Ausrichtung der Verbundlandschaft

Manchmal denke ich, die Bibliotheksverbünde in Deutschland schaffen sich bald selbst ab (leider keine sehr originelle Idee). Noch nicht einmal ein gemeinsames Nachweissystem für Deutschland als Beweis für originäre Bibliothekskompetenz ist ein offiziell erklärtes Ziel auf der Seite der AG der Verbundsysteme. Wahrscheinlich wird stattdessen viel Zeit darauf verwandt, pro Verbund Alleinstellungsmerkmale zu definieren, die die Daseinsberechtigung jedes einzelnen Verbundes auf möglichst lange Zeit sicherstellen.

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Zukunft des bibliothekarischen Verbundsystems in Deutschland hatten hierzu einiges anzumerken und verschärften damit die Rechtfertigungsdebatte der Verbünde. Von den Dingen, die aus der Diskussion nach außen dringen, finde ich die gerade gelesene Gemeinsame Stellungnahme des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB) und des Kooperativen Bibliotheksverbundes Berlin-Brandenburg (KOBV) zur Empfehlung des Wissenschaftsrates vom Juni 2011 besonders speziell.

Ein Großteil der Stellungnahme befasst sich damit, der „dezidiert gesamtstaatlichen Perspektive“ des Wissenschaftsrates die mangelnde Vereinbarung mit dem Verfassungsgrundsatz der föderalen Zuständigkeit für Wissenschaft und Kultur entgegenzuhalten. So wird auf Seite 3 konstatiert, „Die Bundesländer stellen jedoch keineswegs ein Hindernis für die Entwicklung zukunftsfähiger wissenschaftlicher Informationsstrukturen dar, sondern sind die für diese Strukturen zuständigen Verfassungsorgane.“, wenig später wird vor einer „zentralistisch einengenden Sichtweise“ gewarnt. Immerhin wird ein länderübergreifendes Finanzierungsmodell für Informationsinfrastrukturmaßnahmen (für parallel betriebene Katalog und Fernleihdienste) nicht abgelehnt, jedenfalls solange die Finanzierung auf Länderebene unangetastet bleibt.

Und was bietet die Stellungnahme dann als Perspektive für die gewünschte arbeitsteilige Verbundlandschaft? Die eigene Struktur:

Die Kooperationspartner sehen in der von ihnen eingegangenen, vertraglich gestützten Allianz ein Modell, das offen ist auch für weitere Partner und damit ein mögliches Paradigma für die zukünftige Ausrichtung der Verbundlandschaft in Deutschland darstellt. Die Forderung des Wissenschaftsrates nach einer funktionalen Aufgabenteilung ist hier innerhalb der verfassungsmäßigen föderalen Strukturen bereits entsprochen.

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie der BVB das Papier formuliert hätte, wäre es 2007 nicht zur Partnerschaft mit dem KOBV gekommen. Glück gehabt, BVB. Ist ja auch fast alles gut so, wie es ist.

Autor: Beate Rajski

Bibliothekarin. Hamburg.

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