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Kann man Verantwortung lernen?

„Kann man Verantwortung lernen?“ ist der Titel eines BuB-Artikels von April 2010 (dort S. 315) von Prof. Ulrike Steierwald von der FH Darmstadt. Dieser ist mir seither als ein  gelungenes Beispiel für die Verbindung von Theorie & Praxis eines Studiums bzw. einem wichtigen Bestandteil dessen im Kopf geblieben…

Warum? Auch wenn ein Studium an einer Fachhochschule sehr praxisorientiert angelegt ist sein soll, habe ich in der Vergangenheit nach meinem Diplomabschluss und während des Weges zum Masterabschluss nicht so oft wie erhofft das Gefühl gehabt die ultimative Erkenntnis zu erlangen.

Das ist mit Verlaub ja auch ziemlich viel verlangt, da das Bibliothekswesen mit ihren verschiedenen Typen und Arbeitsfeldern weitaus mehr Stoff hergibt als in der Regelstudienzeit vermittelt werden kann…Schon klar.

Deshalb viel Oberfläche und Theorie… Was einen interessiert, kann man ja danach über die unendlichen Weiten des Internets, auch mit Hilfe der sozialen Netzwerke, in Erfahrung bringen. Erfahrungs- und Informationsaustausch leicht gemacht… Dies gilt im Besonderen für fachliche Kompetenzen…

Aber – und nun wird der Bogen wieder zum BuB-Artikel geschlagen – wie sieht es beispielsweise mit der Ausbildung anderer Kompetenzen aus, z.B. der Führungskompetenz, die (angeblich) in den Masterstudiengängen vermittelt wird? An der FH Köln gibt es in zwei Semestern jeweils ein Managementmodul, womit von Organisationslehre über Kostenrechnung bis hin zu Marketing auch wichtige Bereiche abgedeckt sind… Aber qualifiziert das neben der Behandlung von Mitarbeitergesprächen und Zielvereinbarungen „für einen Berufseinstieg in Führungs- und Leitungsfunktionen“?

Ich zweifle… Von daher ist das Darmstädter Modell wirklich lobenswert und ein guter Ansatz. Die Studierenden haben eine Ahnung von dem, was sie erwarten wird in der freien Wildbahn und können mit einigen Praxistipps ins lauwarme anstatt kalte Wasser springen. Fehler werden auch sie machen, das steht außer Frage.  Aber sie sind nicht mehr dunkelgrün hinter den Ohren, was auch für die zukünftigen Mitarbeiter nur fair gegenüber ist. Bleibt nur die Frage, an welcher anderen Stelle im Curriculum dann aber Zeiteinsparungen vorgenommen werden können…

Besonders spannend am Artikel ist aber der Bereich, in dem über das Entscheidungstraining berichtet wird. Ein Trainer für „Piloten, Fluglotsen & Flugpersonal der Lufthansa versetzt die Studierenden in Extremsituationen aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt. Innerhalb weniger Minuten müssen teamorientiert und äußerst konzentriert Situationsanalyse, Abwägung von Handlungsoptionen/Chancen/Risiken, Wahl und Realisierung einer Handlungsoption, Ergebnischeck und ggf. erneute Situationsanalyse etc. aufeinander folgen.“ (S. 320)

Es ist ein gutes Training, um seine eigenen Reaktionen in schwierigen Situationen zu testen… Chef sein in rosigen Zeiten ist ja nicht die Schwierigkeit…

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