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Web 2.0 – Ängste von Chefs und Mitarbeitern

Immer mehr Bibliotheken beschäftigen sich damit, an sozialen Netzwerken wie Facebook teilzunehmen. Das ist meiner Meinung nach auch gut so. Wie schon ein Student im Jahr 2008 feststellte, der erstmals in der New York Times und auch danach immer wieder gern zitiert wurde: “If the news is that important, it will find me.” Wirkte diese Feststellung vor 3 Jahren noch revolutionär, ist sie heute für viele, die Netzwerke nutzen, durchaus Alltag.

Doch wie überzeugt man denn nun Chefs davon, dass die Einrichtung unbedingt mitmachen sollte? Diese Frage stellte man sich auch auf dem startCamp 2011. Ein Mitschnitt der Session „Chef 2.0 – Wie überzeuge ich meine Vorgesetzten von Social Media“ (ca. 1 Stunde) ist online, und das ist auch meine heutige Empfehlung. Nun denken wahrscheinlich manche: ‚Wir haben es doch, wozu sich noch mit so etwas befassen?!‘. Neben einer Analyse der verschiedenen Ängste von Chefs und Mitarbeiter bezüglich Web 2.0, geht es auch darum, wie man diesen begegnet. Und wie viele wissen, die für ihre Einrichtung beispielsweise in Facebook aktiv bzw. mindestens davon begeistert sind, bedeutet das nicht automatisch, dass auch die Chefs die Bedeutung sehen, oder andere Mitarbeiter es gut finden. Deshalb sind mögliche Bedenken und Gegenargumente nach wie vor ein interessantes Thema. Hauptsächliche Sorgen der Chefs: Kontrollverlust, Zeitmangel und die Frage, was es überhaupt für einen Nutzen bringt. Und was hält die Mitarbeiter ab? Meistens bedeutet es Mehrarbeit und Neuland. Auch eine mangelnde Identifikation mit dem Unternehmen stellt ein Problem dar.

Besonders spannend für alle Webaktiven fand ich die Erklärungen zu den verschiedenen Formen von Kritik. Wer schon in einem Vortrag oder einer Session zum Thema Facebook saß, weiß, dass die Angst vor Kritik die Verantwortlichen beschäftigt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle darauf näher eingehen. Hilfreich ist es, von seinen eigenen Reaktionen auszugehen, wenn man kritische Bemerkungen über andere Unternehmen, wie beispielsweise in Hotelbewertungen liest. Sind diese sehr allgemein (es war schön oder schrecklich), enthalten keine weiteren Begründungen, würde man wohl wenig darauf geben, es sei denn, diese Meinungen tauchen gehäuft auf. Auf konkrete Kritikpunkte (= konstruktive Kritik) sollte eine Einrichtung dagegen eingehen, sich gegebenenfalls entschuldigen, es begründen oder wenn es machbar ist, Abhilfe schaffen. Denn Kunden nehmen es sehr positiv auf, wenn man die Probleme ernst nimmt. Das bestätigten die TeilnehmerInnen der Session. Da man nun mal nicht verhindern kann, dass über eine Einrichtung im Internet berichtet wird, ist es auch eine Chance, selbst anwesend zu sein, es mitzubekommen und darauf zu reagieren.

Und was macht man mit Dauernörglern, die ein Vergnügen am Kritisieren haben oder eben nicht sachlich argumentieren können. Für diese Fälle gab es eine Handlungsanleitung und zwar in dieser Reihenfolge: ernst nehmen, ignorieren, aussperren, auf eine Verteidigung durch die white army hoffen (= Fans, die die Einrichtung mögen), Experten mit psychologischer Kriegsführung einsetzen.

Ob man wirklich neue Kunden durch Social Media gewinnen kann? Es sollte wohl nicht das oberste Ziel sein. Der hauptsächliche Nutzen besteht eher darin, dass die Einrichtung wahrgenommen wird und speziell bei Bibliotheken die Serviceleistungen bekannter werden. Über Netzwerke kann man die Leute auch „zu Hause besuchen“ und ihnen Informationen zukommen lassen. Die Möglichkeit auf ein unkompliziertes Feedback ist gegeben, welches man auch dazu nutzen kann, die angebotenen Leistungen den Bedürfnissen besser anzupassen.

Mehr zu dem Thema, wie man Chefs von Web 2.0 überzeugt, wurde auch in zahlreichen Blogs geschrieben, die unter anderem einem Aufruf zu einer Blogparade im Kulturmanagement Blog folgten (Links in den Kommentaren beachten).

Ein wichtiger Punkt bleibt aber, dass Web 2.0-Aktivitäten auch als gleichberechtigte Tätigkeit anerkannt, Erfahrungen der Macher ernst genommen werden und diese mitreden dürfen (siehe dazu auch Deeg, Christoph: „Warum ich froh bin, dass ich kein Digital Native bin …”). In dieser Hinsicht wird meiner Meinung nach noch viel Potenzial verschenkt.

Foto:  Wael Attili (Sha3teely blog), CC-Lizenz: by-nc-nd 3.0

Autor: lesewolke

Bibliothekarin und Bloggerin (weitere Beiträge)