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Bibliotheksgesetz Schleswig-Holstein abgelehnt – mit Perspektive.

In seiner 78. Sitzung am 26. April 2012 hat der Landtag von Schleswig-Holstein den Bibliotheksgesetzentwurf des SSW ablehnt.

Politisch ließ sich über die Frage der Kosten eines solches Gesetzes kein Konsens erzielen. Bemerkenswert aber war die durchgängig bei allen Rednern zu findende Perspektive auf die kommende Legislaturperiode, vgl. PlPr 17/78, S. 6792-6799.

Abg. Wengler CDU (er gehört dem neu gewählten Landtag nicht mehr an): „Ich möchte auch hier noch einmal betonen, dass ich Befürworter einer gesetzlichen Regelung für die öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein bin. Daher bedauere ich es sehr, dass wir in dieser verkürzten Legislaturperiode zu keinem Ergebnis gekommen sind. Abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass es dem neuen Landtag gelingen möge, Regelungen für die zu erwartenden Probleme unserer Bibliotheken zu finden. Ich glaube aber, dass wir durch unsere Beratung zumindest eine Basis legen konnten, auf der weitergearbeitet werden kann.“ S. 6793

Abg. Müller SPD: „Wir würdigen, dass auch innerhalb der großen Regierungsfraktion die Auffassung und das Abstimmungsverhalten im Ausschuss unterschiedlich war – Wilfried Wengler hat das ausgeführt -, sodass man wirklich annehmen kann, dass die Türen nicht zugeschlagen sind, wenn es zur Abstimmung über die Ausschussempfehlung kommt. Es ist natürlich ein unglücklicher Zeitablauf, dass die Behandlung dieses Gesetzentwurfs im Ausschuss erst unmittelbar vor der Neuwahl des Landtags erfolgen konnte. Auch wenn dieser Gesetzentwurf heute höchstwahrscheinlich abgelehnt wird, hindert uns niemand daran, ihn sehr bald nach der Wahl wieder einzubringen und zu beraten.“ S. 6794

Abg. Funke FDP: „Daher empfand ich den Vorschlag des Kollegen Wengler als sehr konstruktiv in der Sache, den Entwurf in der kommenden Legislaturperiode in dieser Fassung wieder einzubringen und im Verlauf des weiteren Verfahrens eine Kostenfolgeabschätzung zu erwirken. Grundsätzlich steht auch die FDP-Fraktion einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung positiv gegenüber.“ S. 6795

Abg. Strehlau GRÜNE: „Insgesamt aber bleibt, dass wir ein Bibliotheksgesetz wollen und brauchen, um das Bibliothekswesen in unserem Land zu stützen. … Wir sehen diesen Gesetzentwurf auch als eine gute Basis für eine nächste Landesregierung, dieses Ziel zu erreichen.“ S. 6795 f.

Positiv zum Gesetzentwurf äußerte sich auch die Fraktion DIE LINKE.

Die Abg. Spoorendonk vom SSW, der den Gesetzentwurf eingebracht hatte, betonte, dass die Förderung von Bibliotheken eine „knallharte Bildungsförderung“ sei. Sie unterstrich noch einmal die Position des SSW: „Gleichwohl bleibe ich dabei, dass wir in Schleswig-Holstein mehr denn je ein Bibliotheksgesetz brauchen.“ S. 6797

Der für Bildung und Kultur zuständige Minister Klug sprach sich gegen ein Bibliotheksgesetz aus, da es, wenn es wirklich etwas sichern soll, nicht finanziert werden könne, wenn es aber nichts sichert, dann sei ein Bibliotheksgesetz „völlig überflüssig“. Kritisch sah er auch die mit einer Novellierung des Pflichtexemplarrechts einhergehenden Kosten. S. 6798

Auch wenn das Gesetz abgelehnt wurde, so war es doch eine Ablehnung „erster Klasse“. Es gibt eine gute Perspektive, dass in der kommenden Legislaturperiode das Thema wieder auf der politischen Tagesordnung stehen wird. Die zentrale Frage wird dabei sicher sein, wie und mit welchem finanziellen Aufwand die Öffentlichen Bibliotheken in ihrem Bestand gesichert werden können. Zudem wird man auch über das Pflichtexemparrecht reden müssen. Das kulturelle Gedächtnis darf kein Gedächtnis nach Kassenlage sein, sondern bedarf einer soliden Grundlage.

Generell scheint es ratsam, bei der künftigen Debatte um ein Bibliotheksgesetz zwei Ebenen zu unterscheiden, eine nüchtern-juristische und eine politisch-finanzielle.

Auf der nüchtern-juristischen Ebene gilt es, den Bibliotheken eine angemessene Rechtsgrundlage für ihre Arbeit zu geben. Hier gibt es im Landesrecht von Schleswig-Holstein Defizite, die ein Bibliotheksgesetz beheben sollte. Besonders kostspielig ist dieser Teil des Gesetzes, darin etwa dem Datenschutz im Archivgesetz vergleichbar, nicht. Dieses Thema, das politisch nicht sonderlich spannend ist, ist in der Diskussion bisher eher blass geblieben, Minister Klug hat es gar nicht verstanden.

Die Frage der Sicherung und Förderung der Öffentlichen Bibliotheken hingegen ist in ihrer konkreten Ausformung eine politische Frage, die Geld kostet und Prioriätsentscheidungen in der Bildungs- und Kulturpolitik verlangt. Hier gab es schon bei dem ablehnten Gesetzentwurf des SSW eine kontroverse Diskussion. Und hier wird es auch bei einem neuen Entwurf genug Diskussionsbedarf geben.

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