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Von RFID, Baumarktbeschilderung und Bewegungsmeldern – die neue Bibliothek am Campus Brugg-Windisch

Lange schwebte mir für diesen Blogartikel der Titel „2000 Jahre Campus Vindonissa“ vor. Mit dem Bau des FHNW-Campus Brugg-Windisch rückt die dort platzierte Pädagogische Hochschule FHNW ganz in die Nähe des antiken Vindonissa, einer römischen Siedlung aus dem 1.JH n Chr. Doch schließlich soll es mehr um eine Hochschulbibliothek im 21. Jahrhundert gehen, welche Mitte August eröffnet wurde. Ich kann meinem Bericht vorweggreifen: Einerseits bin ich positiv gestimmt, andererseits skeptisch und ein bisschen enttäuscht. 

Rohbau Bib Brugg-Windisch

Rohbau Bib Brugg-Windisch

Die neue Bibliothek durfte ich erstmals im Rohbau besuchen, an einem Tag im Februar diesen Jahres. Nach diesem Baustellenbesuch war ich zugegebenermaßen skeptisch. Die Bibliothek erstreckt sich über drei Stockwerke, verbunden durch einen „Luftraum“, in welchem eine Wendeltreppe alle drei Stockwerke verbindet. Offene Grundrisse können in Bibliotheksgebäuden bedeuten, dass es laut werden kann (Ohrstöpselautomaten wie beispielsweise an den Uni Bibs in Bern und Konstanz sind dann nur Symptom-Bekämpfung). Begeistert haben mich natürlich der Außenbezug (die Möglichkeit, raus zu kucken), die Weite und die Helligkeit. Offenheit hat also Vor- und Nachteile. Soweit mein Eindruck vom Rohbau.

Im August, kurz nach der Eröffnung, habe ich mir die Bibliothek erneut angesehen, schliesslich ist sie nur ein paar Schritte von meinem Arbeitsplatz entfernt. Begeistert bin ich davon, dass RFID die Ausleihprozesse einfacher und effizienter gestaltet. So kann ich Bücher an der „Medienrückgabe“ selbstständig zurückgeben, ohne Zugang zur Bibliothek und auch außerhalb der Öffnungszeiten. Schön wäre natürlich, wenn man eine Quittung erhalten würde.

Eingang Bib Brugg-Windisch

Eingang Bib Brugg-Windisch

Ganz besonders gut gefällt mir, dass man außen in die Bibliothek hineinsehen kann. Die Architektur erschließt sich schnell und ehe man überhaupt einen Fuss in die Bibliothek gesetzt hat, weiß man schon, wo sich die – wie ich sie gerne nenne – Begrüßungstheke befindet. Informationen und Unterstützung sind somit einfach zugänglich. Somit öffnet sich diese Bibliothek nach außen – was Exklusionsmechanismen verringert. Allerdings ist es auch so, dass man Dank des Luftraums die Gespräche an dieser Theke bis weit in die Bibliothek hinein hört. Und ein ähnliches Phänomen ist ja beispielsweise von der Bibliothek des Rechtswissenschaftlichen Instituts in Zürich bekannt: Eine Person mit FlipFlops oder Stilettos kann unzählige andere aus der Konzentration reißen. Und dass sich Studierende Ruhe wünschen, wissen wir nicht erst seit kurzem (siehe Blogbeitrag “Wunschbibliothek?!”).

Nach der Begrüßungstheke hört es aber schon auf mit der Informationsarchitektur. Ich habe vergeblich nach einem Überblick über die Stockwerke und die Organisation der Medienaufstellung gesucht. Einen kleinen Stockwerksplan habe ich gefunden, der hat mich aber auch nicht schlauer gemacht. Ich gebe es zu: Ich vermisse die Baumarktbeschilderung, wie sie beispielsweise in der Uni Bib Konstanz zu finden ist. Hier in Brugg-Windisch muss man an die Stirnseite jedes Regals herantreten, um zu erkennen, welche Bestände dort zu finden sind. (Vgl. Bilder von KN und von Brugg-Windisch). Erinnert sei auch an den Usability Leitfaden für Bibliotheken.

Brugg - ohne Baumarktbeschilderung

Brugg – ohne Baumarktbeschilderung

Konstanz - mit Baumarktbeschilderung

Konstanz – mit Baumarktbeschilderung

Lobenswert ist die Vielfalt der Sitzgelegenheiten. Es gibt große, lange Arbeitstische, Einzelarbeitsplätze und lounge-artige Lesesessel. Irritiert hat mich jedoch, dass es gar nicht so einfach ist, Steckdosen nahe der Arbeitsplätze zu finden. (Ich habe auch unter den Tischen gesucht.) Ein paar habe ich entdeckt, diese sind im Boden versenkt. Das könnte beispielsweise für MACs zum Problem werden.

Mein Fazit: An manchen Stellen wirkt die Bibliothek in Brugg-Windisch nüchtern und überhöht funktional (z.B. hinsichtlich der Steuerung der Regalbeleuchtung mittels Bewegungsmelder). Nüchternheit und Funktionalität habe ich erwartet, schließlich handelt es sich um eine FH-Bibliothek. Ein auratischer Wissensraum wäre wohl fehlplatziert. An manch anderen Stellen jedoch ist die Funktionalität eingeschränkt (Informationsarchitektur, technische Infrastruktur), das hat mich überrascht. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Wissensraum während der Vorlesungszeit bei voller Besetzung aller Arbeitsplätze bewährt.

 
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