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Reha, Zeit zum Nachdenken

 

Reha in der Onkologie ist, wenn du feststellst, dass du mit deinen Zweifeln nicht alleine bist.

Mach ich meinen Job gerne? Mach ich meinen Beruf gerne? Will ich das bis zum Ende meines Lebens, sei das nun in 60 oder in 3 Jahren, durchziehen?

Nur wenige hier können ihr Leben so weiterleben, wie bisher. Nicht viele hier wollen so weiterleben, wie bisher.

Hier wird mir deutlich, wie viel verdammtes Glück ich hatte*. Diese Erkenntnis, das Wissen über die krassen Schicksale hier wird nicht auf einem Silbertablett beim Betreten der Klinik ins Gesicht geschleudert. Auch beim Gespräch mit meiner zuständigen Ärztin gab sie mir das Gefühl, dass meine Erkrankung schlimm sei. Nie wurde ich gegenüber anderen abgewertet. Die anderen Patientinnen machen das auch nicht. Aber dennoch bekomme ich so nach und nach mit, wie schlimm es andere erwischt hat. Da war die erste Chemo, dann die zweite und dennoch haben sich Metastasen ihren Weg durch den Körper gebahnt. Das Einzige, was ich für sie tun kann, ist zuhören, nicht mitleidig gucken, ihnen ein Lächeln und freundliche Worte schenken. Nette Gespräche. Über alles Mögliche. Manchmal auch über die Krankheit, die Therapie und die Folgen. Oft über Lebenspartnerinnen/-partner, Kinder, Enkel, Gartenarbeit. Einen wirklich guten Rat kann ich keiner geben. Das lässt manchmal mich hilflos danebenstehen.

Wobei… heute habe ich einer Patientin ihre Spiegelreflexkamera erklärt und einer anderen geholfen, ein Video von ihrem Urenkel anzuschauen. Da war sie so glücklich, dass sie weinen musste. Das kann ich. Diesen Technikkram, ihn erklären. Anschließend zu sehen, wie die Menschen sich freuen, weil etwas funktioniert ist wunderbar. Sie bedanken sich oft, dass ich mir die Zeit genommen und alles in Ruhe erklärt habe.

Aber wie oft komme ich in meinem Beruf, in meinem Job dazu, das zu tun? Menschen etwas beibringen, was sie wirklich lernen wollen. Eine Wissenslücke zu füllen. Vielleicht ist mein Beruf doch nicht so verkehrt, wie ich dachte. Nur der Job passt noch nicht wirklich. Aber das sollte sich ja ändern lassen.

 

*Was bisher geschah: Mein Mammakarzinom (Brustkrebs) wurde frühzeitig von mir gefunden und vom Onkologen diagnostiziert. Der Wallnußgroße Tumor wurde aus der Brust entfernt, dazu noch zwei Lymphknoten. In denen wurden keine Metastasen gefunden. Es wurde ein Überexpressionstest gemacht, dieser ergab ein Rückfallrisiko von 9%. Aufgrund dessen lehnten mein Onkologe und ich einen Chemo ab, die würde nicht viel Verbesserung bringen. Zudem sind Chemos in meinen Augen das Schlimmste an der ganzen Therapie. Es folgte nur eine Bestrahlung, jetzt Reha und dann eine Antihormontherapie. 10 Jahre lang Medikamente.

Für Wissende: es handelt(e) sich um einen Hormonkrebs vom nichtspeziellen Typ mit G2 Grading.

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