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Bibliothekarische Stimmen. Independent, täglich.

30. August 2016
von BiblioViel :)
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Billy – eine Rezension

esteinhauer:

Billy-Regale haben mich fast 30 Jahre lang begleitet. Mit dem Anwachsen der Büchersammlung kamen immer mehr von ihnen ins Haus. Erst war eine Wand voll, dann das ganze Zimmer.

Der Kauf eines neuen Billy-Regals war immer aufregend, weil damit die eigene Bibiothek mehr und mehr Gestalt annahm. Faszinierend war es immer, Menschen zu besuchen, die ganze Zimmer voller Billy-Regale und natürlich voller Bücher hatten.

Billy-Regale waren der Golf unter den Bücherregalen: Sehr solide und langlebig.

Die erste Frustration mit Billy habe ich dann 1991 erlebt. Ich wollte mein Studentenzimmer einrichten, aber Billy gab es nicht mehr. Ich habe damals, wie viele andere auch, einen bösen Brief an IKEA geschrieben. Mit Erfolg! Billy kam zurück, war aber geschrumpft: Statt 90 cm, nur noch 80 cm. Für die alten Regale gab es keine Bretter mehr zu kaufen.

Da Bibliotheken über Jahre wachsen, war das wenig verständlich, dass ein so großes Unternehmen wie IKEA nicht in der Lage war, ein derart weit verbreitetes Produkt wie Billy ständig erweiterbar zu halten. Die Beziehung zu Billy hatte einen ersten Knacks.

Dabei blieb es nicht. IKEA war auch bei der Farbgebung wenig verlässlich. Mit Ausnahme der weißen Billy-Regale, die freilich mit einem kleinen Skandal wegen gesundheitsgefährdender Lacke behaftet waren, verschwanden nach und nach alle alten Farbvarianten aus dem Sortiment: Kiefer, Eiche, Schwarz usw. usw. Über das Verschwinden der praktischen halbhohen Regalemaße will ich gar nicht reden …

Man war jedenfalls gut beraten, einen Raum sogleich und vollständig mit Billy zu bestücken.

Derart sozialisiert, habe ich vor vier Jahren gleich 13 Regale für einen neuen Bibliotheksraum gekauft, Weiß natürlich. Ich wollte wegen möglicher Erweiterungen auf der sicheren Seite sein.

Als die Regale geliefert wurden, war ich alles andere als erfreut. Billy hatte sich verändert. Die stabile Verschraubung war verschwunden.

Früher:

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Heute:

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Auch waren die Regale merkwürdig wackelig, so dass ich sie miteinander verschraubt und in der Wand verankert habe. Das Ergenis war dann befriedigend. Die Regale wurde normal bestückt.

Nach einiger Zeit fingen die Regalböden jedoch an, sich durchzubiegen. 80 cm. gebundene Bücher überschritten wohl schon die Belastungsgrenze.

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Hier das Ergebnis von vier Jahren Nutzung:

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Der Unterschied zwischen Rand und Mitte ist beeindruckend:

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Der Metallstift im Seitenteil ist ausgeleiert und fällt fast heraus:

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Das war völlig neu. Das gab es früher nicht; die Metallstifte saßen so fest, dass man sie meist nur mit einer Zange herausnehmen konnte.

Durchgebogene Bretter gibt es übrigens auch bei IVAR nicht, die ich mir für eine doppelreihige Aufstellung in einem Magazinraum angeschafft hatte.

Ich war sauer. Für gutes Geld habe ich Regale bekommen, die für alles Mögliche, aber nicht für Bücher geeignet waren.

Mittlerweile war die schlechte Qualität von Billy auch Thema in den Medien. Neben der billigeren Verschraubung ist die Hauptursache für die mangelnde Stabilität die geringere Dicke der Bretter. Die Begründung von IKEA, dass dadurch die Ökobilanz besser sei, finde ich zynisch.

Bei mir jedenfalls werden die Billy-Regale nach und nach durch IVAR ersetzt.

Nach 30 Jahren gehen Billy und ich getrennte Wege. Kurz erwähnt sei, dass auch IVAR mittlerweile etwas “billiger” produziert wird: Die Seitenauflagen an den Brettern aus Metall wurde durch eine Kunststoffleiste ersetzt. Ich kann nach einem längeren Praxistest aber Entwarnung geben: Das hat keinen Einfluss auf die Stabilität.

Ich gebe zu, dass IVAR nicht gerade wohnlich ist. Wenn man aber etwas Geld in gute Farbe (Vorstrich und Lack) sowie Zeit investiert, dann kann sich das Ergebnis sehen lassen:

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Wer mag kann sich natürlich auch eine hochwertige Paschen-Bibliotheken anschaffen. Aber 1.000 € und mehr für einen Bodenmeter Regal bin ich nicht bereit auszugeben. Ich bin 100% contentorientiert: Die Bücher sind die Hauptsache, nicht das Regal.

Fazit: Billy ist KEIN richtiges Bücherregal mehr.

Man kann es für Schuhe oder leichte Taschenbücher verwenden. Allenfalls über die die schmale Variante kann man reden.

Wenn man dem #Elch die Treue halten will, dann sollte man zu IVAR greifen. Eine Lackierung kann hier ein sehr schönes Möbelstück hervorzaubern. Außerdem kann man IVAR-Regale kompakter bestücken. Wer hat in der Biliothek schon Platz zu verschenken?! :)

Vorher mit Billy:

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Nachher mit lackiertem IVAR:

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16. März 2016
von BiblioViel :)
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Landesbibliotheksgesetz NRW in der Ersten Lesung im Landtag

In seiner 108. Sitzung wurde am 16. März 2016 im Landtag von NRW der Entwurf eines Landesbibliotheksgesetzes der Fraktion der CDU (Drucksache 16/11436) in Erster Lesung behandelt.

Für die einbringende Fraktion stellte der Abgeordnete Thomas Sternberg (CDU) den Gesetzentwurf vor. Er ging zunächst auf den kulturpolitischen Hintergrund ein, der in NRW durch das in dieser Legislaturperiode verabschiedete Kulturfördergesetz (KFG) als einem spartenübergreifenden Gesetz geprägt ist. Sternberg kritisierte, dass das Gesetz viele Fragen offen gelassen habe und fand, dass kulturpolitische Grundentscheidungen ins Parlament gehören. Das gelte vor allem für die Bibliotheken als die am meisten frequentierte Kultureinrichtung im Land.

Das Bibliotheksgesetz soll das KFG durch strukturelle und rechtliche Aussagen ergänzen. Vier Punkte hob Sternberg besonders hervor: Die Weiterentwicklung von Öffentlichen Bibliotheken zu so genannten „Dritten Orten“ als explizierten Förderschwerpunkt, die Initiierung einer Landesspeicherbibliothek, um den durch die Digitalisierung sich vollziehenden Medienwandel in den Bibliotheken in kulturstaatlicher Verantwortung zu begleiten, die Einbeziehung der wissenschaftlichen Bibliotheken an den Hochschulen in das Konzept für eine landesweite bibliothekarische Versorgung und die Aufgabenerweiterung des Hochschulbibliothekszentrums zu einem Landesbibliothekszentrum, das für wissenschaftliche wie öffentliche Bibliotheken gleichermaßen zuständig sein soll.

Für die SPD begrüßte der Abgeordnete Andreas Bialas die Vorlage, weil sie Anlass gibt, über Bibliotheken, die für ihn „demokratierelevant“ sind, zu diskutieren. Für ihn bleibe es jedoch fraglich, ob man neben dem KFG noch ein eigenes Spartengesetz haben müsse. Auch müssten die Auswirkungen eines Bibliotheksgesetzes auf andere Gesetze bedacht werden (etwa auf das Archivgesetz oder das Hochschulgesetz), was aber schon im Bibliotheksgesetz angelegt sei, das ja als Artikelgesetz eingebracht wurde. Entscheidend werde die Frage sein, ob man für die bibliothekspolitischen Themen, die das Gesetz anspricht, eine gesetzliche Bestimmung brauche oder ob eine Richtlinie ausreichend sei. Das vorgelegte Gesetz enthalte neue Aspekte und gebe viel Stoff für eine Diskussion. Bei der Förderung kirchlicher Bibliotheken war Bialas wichtig, Qualitätsanforderungen zu stellen. Fragen der Gebühren sollten nicht gesetzlich geregelt werden. Das Thema Digitalisierung solle künftig im Kulturförderplan auf der Grundlage des KFG behandelt werden. Bialas betonte, dass man sich in vielen Punkten inhaltlich einig sei, deutete aber an, dass das meiste wohl schon im KFG geregelt wird.

Der Abgeordnete Oliver Keymis (Grüne) findet den Vorstoß der CDU gut und interessant, meinte aber, dass viele Aussagen schon im KFG drin seien. Er stellte die Rolle von Bibliotheken als „Medienanlaufstellen“ sowie als interkulturelle Lernorte heraus. Über Details müsse man im Ausschuss reden. Ausführlich sprach Keymis noch das Thema der Sonntagsöffnung von Bibliotheken an, das zwar bundesgesetzlich zu regeln sei, aber von der CDU in Berlin doch stimuliert werden könne. Bibliotheken sollten sonntags nachmittags oder abends geöffnet werden, weil man sie als Orte aufsuche wie Museen oder Theater. Bibliotheken seien keine bloßen Ausleihstellen wie etwa Videotheken, am Sonntag nicht offen sein sollten.

Für die FDP ging die Abgeordnete Ingola Schmitz zunächst auf das KFG ein, das praktisch keine Impulse für die Landeskulturpolitik gebracht hätte. Sie begrüßte die Initiative für ein Bibliotheksgesetz im Grundsatz, auch weil es einen Impuls aus der Zeit der schwarz-gelben Regierung aufgreift. Schmitz mahnte jedoch eine angemessene finanzielle Ausstattung an. Sie hoffe, dass das eingebrachte Gesetz in dieser Frage einen positiven Prozess in Gang bringt.

Für die Fraktion der Piraten ging der Abgeordnete Lukas Lammla sehr lobend auf den Aspekt des Dritten Ortes ein. Er stellte jedoch die Frage, ob dieses Thema nicht auch für andere Kultureinrichtungen relevant sei und daher vielleicht besser in das KFG gehöre. Schließlich betonte er noch die große politische Bedeutung von Bibliotheken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch und gerade in den gegenwärtigen Herausforderungen bei der Integration von Flüchtlingen.

Für die Landesregierung sprach die für Kultur zuständige Ministerin Christina Kampmann (SPD). Sie bezeichnete Bibliotheken als Orte der Zukunft; sie gehören zur kulturellen Grundversorgung. Nach Kampmann stehen Bibliotheken wie keine andere Einrichtung für das Konzept einer „Kultur für alle“. Moderne Bibliotheken seien multimediale Kommunikationszentren und offene Räume für die Begegnung mit Menschen.

Sie kritisierte im Gesetzentwurf der CDU ein veraltetes Bibliotheksbild, denn es würden nur Zukunftsperspektiven genannt, ohne dass ein Weg dorthin aufgezeigt werde. Zudem bekomme die Lippische Landesbibliothek auch ohne eine gesetzliche Regelung Geld vom Land. Insgesamt lasse der Entwurf der CDU neue Impulse vermissen. Man solle sich darauf konzentrieren, das Kulturfördergesetz umzusetzen.

Fazit
Über die Parteigrenzen hinweg gab es eine positive Grundstimmung. Die Redner der Mehrheitsfraktion haben die durch das KFG im Bibliothekswesen gesetzlich zementierte Spartentrennung durchgängig ausgeklammert, die man als bibliothekspolitischen Geburtsfehler dieses Gesetzes bezeichnen kann. Was nützt den Bibliotheken die Berücksichtigung von Digitalisierung im Kulturförderplan, wie sie der Abgeordnete Bialas angesprochen hat, wenn die wichtigsten Einrichtungen in NRW, die wissenschaftlichen Bibliotheken an den Hochschulen nämlich, davon gar nicht profitieren dürfen?!

Die Ausführungen der zuständigen Ministerin waren streckenweise unverständlich. Es berührt merkwürdig, wenn der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Neues und Diskussionswürdiges im Gesetz entdeckt, die eigene Ministerin aber genau das als veraltetes Bibliotheksbild bezeichnet. Die von ihr aufgestellte Behauptung über den Landeszuschuss an die Lippische Landesbibliothek ist schlicht falsch, denn dieser Zuschuss ist seit 1948 (!) gesetzlich geregelt, wie man in der eingebrachten Drucksache auf S. 28 nachlesen kann.

Abgesehen von der kenntnisfreien Status-quo-Rhetorik im zweiten Teil der Rede der Kulturministerin war die Erste Lesung ein politischer Gewinn für die Bibliotheken in NRW. Die Themen des Gesetzentwurfes sind nach dem einhelligen Urteil der Fachpolitiker aller Fraktionen relevant und gut gewählt. Man darf auf die Anhörung und die weitere Diskussion gespannt sein.

23. Februar 2016
von BiblioViel :)
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Bibliothekspolitik in Baden-Württemberg – ein Blick in die Wahlprogramme

CDU

Im Wahlprogramm der CDU kommen Bibliotheken nicht vor, obwohl sogar die Amateurtheater ausdrücklich erwähnt werden (S. 136 und S. 138):

“Neben kulturellen Leuchttürmen und Sehens-würdigkeiten gibt es im ganzen Land ein reiches Angebot an kulturellen Einrichtungen: Jugend-musikschulen, Jugendkunstschulen, private, kommunale und staatliche Museen, Theater, Galerien, soziokulturelle Zentren, Amateurmusik- und Amateurtheatergruppen, kulturorientierte Ar-beitsgemeinschaften sowie Vereine und Verbände, die Kulturarbeit leisten. Wir wollen die kulturelle Bildung in Schulen, in der Erwachsenenbildung, in Kommunen und Verbänden ausbauen.” (S. 138)

Interessant sind aber Aussagen zur digitalen Langzeitarchivierung auf S. 46

“Im Zuge der Digitalisierung ist die Frage der Langzeitnutzbarkeit und -archivierung der Daten von wesentlicher Bedeutung. Hier gilt es Konzepte, Verfahren und Standards für den Erhalt digitaler Kulturgüter und für die langfristige Nutzung dieser Wissensbestände zu entwickeln.”

Hier fehlt freilich das Urheberrecht, das neben der Technik das größte Problem für die digitale Langzeitarchivierung darstellt.

Beim Thema “Open Access” wird auf S. 46 Bezug genommen zu den von der Landesregierung im Landeshochschulgesetz einführten OA-Pflicht:

“Die grün-rote Vorgabe, wissenschaftliche Literatur und wissenschaftliche Ergebnisse durch „Open Access“ für alle Nutzerinnen und Nutzer frei, ohne Kosten und Nutzungsbarrieren, zugänglich zu machen, halten wir für falsch, sie stellt in unseren Augen eine unzulässige Fremd-bestimmung für die Forschenden dar. Wir wollen „Open Access“ wissenschaftsadäquat durch An-reizmechanismen weiterentwickeln, die Entschei-dung, ob der „Open Access-Weg“ gegangen wird, wollen wir den Forschenden selbst überlassen.”

Interessant und offen für unterschiedliche Lesarten sind Aussagen zum Urheberrecht:

“Wir wollen uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das Urheberrecht einfacher, praktikabler, transparenter und konsistenter gestaltet wird. Bei dem Interessensausgleich zwischen Verlagen mit ihrer berechtigten Erwartung fairer Markt-bedingungen und Nutzern mit ihrer Erwartung an eine grundsätzlich kostenlose Bereitstellung von digitalen Inhalten gilt es, die technologische Entwicklung und den Verbreitungsgrad der Digi-talisierung zu befördern und nicht zu behindern.“ (S. 46).

GRÜNE

Die Grünen haben in ihrem 249 Seiten starken Wahlbuchprogramm auf S. 114 Bibliotheken zusammen mit den Volkshochschulen unter der Überschrift “Lebenslanges Lernen leben” behandelt:

“Bibliotheken tragen dazu bei, Kinder und Jugendliche an die Welt der Literatur und des Wissens heranzuführen. Allen Menschen bieten sie die Möglichkeit zu kultureller Teilhabe und den Zugang zu Medien und Wissen. Neben den beiden Landesbibliotheken und den wissenschaft-lichen Bibliotheken, die wir zu umfassenden Informationszentren wei-terentwickeln wollen, wollen wir die Rolle der öffentlichen Bibliothe-ken überall im Land würdigen. Insbesondere dort, wo Bibliotheken neue Wege gehen und zu Einrichtungen einer umfassenden Medienbildung werden, halten wir eine Unterstützung für wichtig.”

Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Aussage, die unausgesprochen Kriterien eines Bibliotheksgesetzes enthält, in einem gesetzgeberischen Vorhaben verdichtet. Das ist insoweit nicht unwahrscheinlich, als heute schon Öffentliche Bibliotheken und Volkshochschulen zusammen im Weiterbildungsförderungsgesetz geregelt sind.

Im Kontext der Hochschulen werden Bibliotheken zusammen mit den Rechenzentren als Informationszentren bezeichnet (S. 121), was dem Sprachgebrauch des von der Vorgängerregierung novellierten Landeshochschulgesetzes entspricht.

Das Thema “Digitalisierung” wird auf den Museumsbereich verengt:

“Auch Kunst und Kultur werden durch die Digitalisierung vor große Herausforderungen gestellt. Mit einem Sonderprogramm wollen wir darum unter anderem die Museen bei der Digitalisierung von Kulturgütern unterstützen, um die Kulturlandschaft Baden-Württembergs in die Zukunft zu begleiten und unsere Landesschätze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.” (S. 241)

Hervorzuheben ist, dass beim Thema “Urheberrecht” das Problem der digitalen Langzeitarchivierung erkannt wurde:

“Vor dem Hintergrund der Digitalisierung setzen wir GRÜNE uns für ein zeitgemäßes Urheberrecht ein, das eine gerechte Vergütung sichert, kreatives Schaffen, wissenschaftliche Arbeit und Maßnahmen zur digitalen Langzeitarchivierung erleichtert und zudem die Kriminalisierung von Nutzerinnen und Nutzern verhindert und den Abmahnmissbrauch beendet.” (S. 242)

SPD

Die SPD behandelt in ihrem Wahlprogramm Bibliotheken als Bildungseinrichtungen im Kontext der Schulen:

“Aber wir wollen auch im außerschulischen Bereich die kulturelle Bildung
weiter fördern, indem Einrichtungen wie Museen und Theater, aber auch Musik- und Kunsthochschulen sowie Bibliotheken ihre bereits vielfältigen Vermittlungsangebote auf alle Lebens- und damit Bildungsphasen erweitern können.“ (S. 43)

Im Bereich der Hochschulen sollen OER und Fernlehre gefördert werden:

“Wir werden in den nächsten Jahren den Ausbau der lernendenzentrierten E-Learning-Ansätze und die Entwicklung der Open Educational Resources
(OER) in Baden-Württemberg vorantreiben und die entsprechende Etablierung der notwendigen Strukturen fokussieren.“ (S. 49)

Das Thema Urheberrecht wird unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes behandelt, wobei die Idee einer “digitalen Erschöpfung” mitklingt:

“Darüber hinaus wollen wir uns im Bund für ein zeitgemäßes Urheberrecht einsetzen. Auch Verbraucherinteressen, wie etwa das Interesse an langfristiger und geräteunabhängiger Nutzung von legal erworbenen digitalen Inhalten, sind
zu berücksichtigen. Um einem Akzeptanzverlust entgegenzutreten, müssen eine effektivere und verhältnismäßigere Rechtsdurchsetzung ermöglicht werden sowie Maßnahmen zur Aufklärung und Stärkung der Medienkompetenz der Bürgerinnen und Bürger erfolgen.“ S. 18

F.D.P.

Die F.D.P. erwähnt in ihrem Wahlprogramm Bibliotheken nicht, im Gegensatz zu den Theatern (S. 108 f.) und den Museen (S. 104, 110, 111), wobei auch die Heimtmuseen nicht vergessen (S. 110) und - ungewöhnlich für eine liberale Partei - auch die Theologischen Fakultäten positiv gewürdigt werden.

Es sollen digitale Medienkompetenzen gestärkt werden:

“Im allgemein- wie im berufsbildenden Bereich wer-den wir stärkere digitale Kompetenzen als eine Kernaufgabe der Schulen vorantreiben und Bildungseinrichtungen entsprechend ausstatten.” (S. 49).

Auf S. 113 gibt es einen kleinen archivpolitischen Akzent:

“eine möglichst zeitnahe Umsetzung der Verbundarchivlösung für den Archivstandort Freiburg anstreben.”

Das Thema Schriftkultur wird nur im Verbund von Theater, Verlagen und Autoren gesehen; immerhin werden Bücher und Zeitungen genannt, S. 108.

DIE LINKE

Bibliotheken sollen nach dem Wahlprogramm DER LINKEN eine Pflichtaufgabe sein: 

“Volkshochschulen, Bibliotheken und Musikschulen sind kulturelle Pflichtaufgaben. Das Land und die Kommunen müssen sie auskömmlich finanzieren und ihnen ermöglichen, ihren Lehrkräften eine Festanstellung anzubieten.” (S. 31). 

Gefordert wird ein freier Eintritt in Bibliotheken und Museen:

“DIE LINKE setzt sich für den kostenlosen Zugang der Bevölkerung zu staatlich-kulturellen Einrichtungen wie Museen oder Bibliotheken ein.“ (S. 32).

Das Thema Urheberrecht wird unter Einnahmegesichtspunkten (professioneller) Kreativer betrachtet:

“DIE LINKE setzt sich für den Schutz kreativer Urheberrechte ein. Die Rechte der Urheber und Urheberinnen gegenüber den Verwertungsunter-nehmen sollen ausgebaut werden.” (S. 32).

AfD

Im Wahlprogramm der AfD finden sich keine bibliothekspolitischen Aussagen.

23. Februar 2016
von BiblioViel :)
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Bibliothekspolitik in Sachsen-Anhalt – ein Blick in die Wahlprogramme

CDU

Im Wahlprogramm der CDU wird vor allem die kulturelle Vermittlerrolle vom Bibliotheken gewürdigt:

S. 56: “Die Förderung der Literatur umfasst die Lese- sowie die Autorenförderung. Für den offenen Zugang zu Büchern und anderen Medien leisten unsere Bibliotheken eine unverzichtbare Arbeit. Deshalb wollen wir ein abgestuftes und effektiv arbeitendes Bibliothekssystem erhalten und fördern. Der Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft wird von gewaltigen kulturellen Brüchen begleitet sein. Deshalb wird der kulturellen Kompetenz eine gesteigerte Bedeutung zukommen. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen kulturellen Bildung liegt in gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern und engagierten Lehrkräften, die mit Sachkenntnis und Leidenschaft Kunst und Kultur in Theorie und Praxis vermitteln.” 

Auf S. 57 wird die Digitalisierung von Kulturgut thematisiert. Im Vordergrund stehen zwar Museen. Da aber allgemein von Sammlugen die Rede ist und überdies auch Archive erwähnt werden, kann man die Ausssagen auch auf bibliothekarische Sammlungen beziehen:

“Die Digitalisierung der in Sachsen-Anhalt vorhandenen Sammlungen ist eine bedeutende Aufgabe für die Zukunft. Die virtuelle Verfügbarmachung unserer Museumsschätze ist ein weiterer Schritt zur Teilhabegerechtigkeit und gleichzeitig eine wichtige Quelle für neue Erkenntnisse in der historischen Forschung. Um Dokumentation, Restauration und Konservierung der Sammlungsbestände in kommunal oder privat getragenen Museen zu fördern, wollen wir Sammlungs- und Restaurationsverbünde befördern, die sich auch für die kulturelle Bildung von Schülerinnen und Schülern engagieren. … Deshalb werden wir unsere Archivbestände und Sammlungen durch Digitalisierung virtuell verfügbar machen …”

SPD

Im Wahlprogramm der SPD sucht man bibliothekspolitische Themen vergebens. In der Kulturpolitik gibt es, liest man sich S. 49 durch, offenbar nur Theater, Orchester und die freie Szene.

DIE LINKE

In ihrem Wahlprogramm geht DIE LINKE auf Fahrbibliotheken ein:

“DIE LINKE Sachsen-Anhalt will für den ländlichen Raum Förderprogramme zur Anschaffung bzw. zum Umbau von Fahrzeugen für rollende Lebensmittelläden, Bibliotheken u.ä. auflegen.” (S. 8)

Bibliotheken werden als Einrichtungen der kulturellen Bildung gewürdigt:

“Mit den erzielten finanziellen Mitteln aus unserem Kulturfördergesetz wollen wir vor allem den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Einrichtungen der kulturellen Bildung – darunter Musikschulen und Bibliotheken – verbessern.“ (S. 16)

Das Kulturfördergesetz soll eine Art Umlagefinanzierung für Kultur schaffen, vgl. S. 40.

Bibliotheken gehören zur kulturellen Identitätsstiftung im Land:

“Zu den identitätsstiftenden kulturellen Reichtümern des Landes gehören die Museen und Gedenkstätten, die Bibibliotheken, die Kunstvereine und Stiftungen, die Theater- und Orchesterlandschaft, die Dome und Schlösser sowie die vielfältigen Einrichtungen zeitgenössischer Kunst und Kultur ebenso wie die zahlreichen Orte kultureller Bildung.“ (S. 46)

Auf S. 41 finden sich Aussagen zur OER:

“Ein verlässlicher und gleichberechtigter Zugang zum Internet ist in einer Wissensgesellschaft eine Basis für Teilhabe an demokratischen Diskur-sen. Wir setzen uns für eine stärkere Einbindung von Internet und digitalen Medien in den Angeboten von Kita, Schule sowie der Kinder- und Jugendhilfe ein. Insbesondere der offene Austausch von digitalen Lehr- und Lernmitteln nach »Open Educational Ressources«-Standards soll Bestandteil formellen und informellen Lernens sein.” 

GRÜNE

Die Grünen ordnen Bibliotheksthemen in ihrem Wahlprogramm auf S. 24 unter dem Oberbegriff des Zugangs zu Informationen ein. Sie fordern eine kommunale Pflichtaufgabe:

“Informationen allen zugänglich machen

Wir wollen die öffentlichen Bibliotheken erhalten und ihre Angebote ausweitenund elektronisch zugänglich machen. Wir sehen dies als kommunale Pflichtaufgabe. Der Zugang zu Wissens- und Informationsbeständen ist einelementares Grundrecht. Bibliotheken und Schulen wollen wir vernetzen undgerade im ländlichen Raum zu Kultur- und Bildungszentren vor Ort entwickeln.Alle Menschen müssen ungehinderten Zugang zu Informationen im Internet haben, insbesondere zur ständigen Fortbildung. Bibliotheken verstehen wir daher als Bildungseinrichtungen und Medienvermittler.

Zum freien Zugang zu Informationen gehören auch verlässliche Informationsträger. Deswegen wollen wir in unserem Bundesland Werbung,Sponsoring und andere Versuche der Einflussnahme, wie kostenlose„Unterrichtsmaterialien“ mit einseitiger Ausrichtung an bestimmten Interessen,an Kindertagesstätten und Schulen verbieten.

Mit staatlichen Geldern erforschtes Wissen gehört der Allgemeinheit und mussfrei verfügbar sein. Wir unterstützen daher nachdrücklich „Open Access“-Initiativen und Netzneutralität.“

Bibliotheken sind Teil der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts und gehören zur kulturellen Infrastruktur des Landes, vgl. S. 63

Bibliotheken sollen niederschwellige öffentliche Kulturräume bilden:

“Vor allem Kinder und Jugendlichebrauchen öffentliche Räume, in denen sie ihre Kreativität entfalten können.Ihr Zugang zu Musikschulen, Bibliotheken, Theater- oder Tanzprojekten darfnicht am Geldbeutel der Eltern scheitern.“ (S. 64)

Im ländlichen Raum setzt man auf Fahrbibliotheken, S. 64.

F.D.P.

Im Wahlprogramm der F.D.P. gibt es nur Kulturtourismus, Theater und Musikschulen.

AfD

Bibliotheken - traditionell Orte selbstbestimmter Reflexion - kommen erwartungsgemäß im Wahlprogramm der AfD nicht vor. 

Ansonsten gibt es nur Museen, Theater und Orchester:

“Museen, Orchester und Theater sind in der Pflicht, einen positiven Bezug zur eigenen Heimat  zu fördern.“ S. 20

Aber vielleicht sind Bibliotheken ja mitgemeint, wenn es auf S. 20 f. heißt:

“Kulturpolitik  darf  sich  nicht  auf  die  medienwirksame  Eröffnung  von Großprojekten  oder  die  Übergabe  von  Förderbescheiden  beschränken, sondern  sollte  ebenso  für  den  Erhalt  der  vielen  hundert  kleinen Kultureinrichtungen  sorgen.” 

23. Februar 2016
von BiblioViel :)
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Bibliothekspolitik in Rheinland-Pfalz – ein Blick in die Wahlprogramme

In Rheinland-Pfalz haben alle im Landtag vertretenen Parteien in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode ein Bibliotheksgesetz beschlossen. Sind damit Bibliotheken von der politischen Tagesordnung verschwunden?

Werfen wir einen Blick in die Wahlprogramme:

CDU

Im Regierungsprogramm der CDU kommen Bibliotheken und ihre Dienstleistungen nicht vor. Angeboten hätte sich dies etwa beim Thema Digitalisierung. So heisst es auf S. 54 des Programms:

“Interaktive Bildungsportale können ein Netzwerk von Universitäten, Schulen, Museen und Bildungsinstitutionen schaffen.”

Allerdings darf man die Bibliotheken bestimmt unter den Begriff der Bildungsinstitution subsumieren. 

SPD

Die SPD schreibt in ihrem Wahlprogramm auf S. 53 etwas zu Bibliotheken:

“Museen, Archive und Bibliotheken bilden gemeinsam mit Theatern und Orchestern unsere kulturelle Infrastruktur … Bibliotheken sind, besonders in kleineren Kommunen, wichtige Kultur- und Bildungseinrichtungen. Sie sind Orte der Lese- und Sprachförderung, der Vermittlung von Medien-  und Informationskompetenz, aber auch Orte der Kommunikation und Diskussion, Integration und Inklusion. Bibliotheken und Archive sind Einrichtungen, die das schriftlich überlieferte Kulturerbe dokumentieren, erhalten und zugänglich machen. Wir wollen, dass dieses Erbe bewahrt wird und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Erwerb und Ausleihe von E-Medien verbessert werden.”

GRÜNE

Die Grünen gehen auf S. 71 ihres Wahprogramms aufühlich auf Bibliotheken ein:

“Wir haben zur Stärkung des Bibliothekswesens ein rheinland-pfälzisches Bibliotheksgesetz verabschiedet. Allerdings brauchen die kleinen Bibliotheken weiterhin unsere Hilfe. Sie spielen – wie die großen – eine wichtige Rolle für die Leseförderung und für die Versorgung mit Literatur und weiteren medialen Angeboten sowie als Zentren der Kommunikation und der Begegnung. Sie dienen der Erfüllung des Grundrechts auf Informationsfreiheit und unterstützen damit einen gleichberechtigten Wissenszugang in unserer demokratischen Gesellschaft. Das Bibliotheksgesetz stärkt die Bibliotheken und trägt zu ihrer Absicherung bei – gerade in einer Zeit knapper Kommunalfinanzen, in der kulturelle Einrichtungen vielfach unter Druck geraten.”

Auf S. 82 findet sich eine Aussage zu Open Access:

“Wir wollen, dass die Ergebnisse der Forschung an öffentlichen Hochschulen zunehmend frei verfügbar für alle im Netz veröffentlicht werden (open access).“

Interessant sind auch die Hinweise auf OER und Open Source:

S 79: “Wir wollen die Umstellung auf digitale Lernmittel begleiten. Die Digitalisierung soll für alle Schülerinnen und Schüler offen sein und sich nicht auf kommerzielle Angebote beschränken. Digitale Lernmittel sollen interaktiv sein.”

S. 97: “ Um unabhängig von großen Softwareherstellern zu werden, wollen wir in der öffentlichen Verwaltung verstärkt auf freie und offene Software (Open Source Software) setzen. Insbesondere an Schulen wollen wir eine konsequentere Umstellung von kommerzieller auf freie Software. Damit ermöglichen wir Schülerinnen und Schü-lern auch eine Vertiefung des Unterrichtsstoffes zu Hause, ohne dass sie hierfür teure Lizenzen erwerben müssen.”

F.D.P.

Ungewöhnlich deutlich positioniert sich die F.D.P. in ihrem Wahlprogramm für Bibliotheken, es wird sogar von einer Pflichtaufgabe gesprochen:

S. 5: “Kultur ist für uns kein Luxus, sondern eine der Triebfedern für Kreativität und Lebensfreude in der Gesellschaft. Kultur sollte aber auch erlebbar sein, deshalb liegt unser Schwerpunkt auf einer Stärkung der kommunalen Kulturpolitik. Wir wollen mehr Bibliotheken und Museen in den Städten und Gemeinden, damit Ihnen vor Ort ein größeres und vielfältiges kulturelles Angebot zur Verfügung steht.“

S. 80: “Die FDP Rheinland-Pfalz fordert, dass Kulturelle Bildung,Theater und Musik, Bibliotheken und Mediatheken, Museen und Archive als Basis sozialen Lebens für jeden zugänglich sein und erhalten werden müssen.”

S. 80: “Die Denkmalpflege, Literatur, Bildende Kunst und die freien Initiativen bleiben weiterhin wichtige Anliegen. Darum sollen kulturelle Leistungen der Kommunen, wie z.B. Bibliotheken und repräsentative Museen sollen in den Katalog ihrer Pflichtaufgaben aufgenommen werden.” 

Auf S. 13 findet sich ein Hinweis auf digitale Fernlehre:

“Beste Bildung braucht die modernsten Methoden. Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten für individuelles, effizienteres und motivierendes Lernen – das ganze Leben lang. Livestreams statt Anwesenheitspflichten und überfüllter Hörsäle – auch das fördert die Vernetzung der Hochschulen.“

DIE LINKE

Bibliotheken betrachtet DIE LINKE in ihrem Wahlprogramm sozialpolitisch als Teil der Daseinsvorsorge, der zu erhalten ist:

S. 29: “In den letzten Jahren fand ein sozialer Kahlschlag bei Frauen- und Schuldne-rInnenberatungsstellen statt, Jugend-zentren, Schwimmbäder, Bibliotheken und andere Einrichtungen der öffent-lich-sozialen Infrastruktur mussten schließen. Auf diese Einrichtungen sind jedoch einkommensschwache Familien besonders angewiesen.“

S. 49: “Die öffentliche Daseinsvorsorge wird ausgedünnt: Schwimmbäder werden abgerissen, Bibliotheken, Theater, Museen schließen, andere öffentliche Einrichtungen, insbesondere die Betriebe zur öffentlichen Daseinsvorsorge, werden privatisiert. … DIE LINKE tritt für eine bezahlbare Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen ein.“

Schließlich findet sich noch ein Hinweis zu OER auf S. 23:

“Der kostenlose Zugang und offene Austausch von digitalen Lehr- und Lernmitteln nach »Open-Educational-Ressources«-Standards soll sichergestellt werden“

AfD

Bibliotheken kommen - wie überhaupt Kulturpolitik jenseits von Leitkulturphrasen - im Wahlprogramm der AfD nicht vor.

18. Februar 2016
von BiblioViel :)
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Bibliotheksgesetz Schleswig-Holstein – Erste Lesung

Am 18. Februar 2016 wurde im Kieler Landtag das Bibliotheksgesetz Schleswig-Holstein (Drucksache 18/3800) in erster Lesung behandelt und zur weiteren Beratung in den Bildungsausschuss überwiesen.

Zu Beginn sprach für die Landesregierung die zuständige Ministerin Anke Spoorendonk (SSW):

Sie stellt heraus, dass mit dem Gesetz Schleswig-Holstein nun das fünfte Bundesland sein wird, das ein Bibliotheksgesetz verabschiedet. Bibliotheken seien für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar. Sie gehören zu den bedeutendsten Bildungseinrichtungen im Land. In dieser Funktion und als Informations- und Kommunikationszentren seien sie auch für die Integration von Flüchtlingen wichtig. Bibliotheken lassen Menschen in der digitalisierten Welt nicht allein und geben ihnen Orientierung. Bibliotheken sind wichtig für das kulturelle Erbe. Zudem komme, wer Kultur stärken wolle, gerade im ländlichen Raum an Bibliotheken nicht vorbei.

Die Ministerin schildert den bisherigen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens mit vier Regionalkonferenzen unter Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit und öffentlich einsehbaren Stellungnahmen. Sie betont, dass die Einführung von Projektmitteln ein Ergebnis des Dialogs mit Vertretern der Kommunen war. Diese Projektmitteln können und sollen auch für Intergrationsangebote eingesetzt werden.

An dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf hebt Spoorendonk folgende Punkte hervor: Das Buch bleibt Leitmedium, der Büchereiverein wird im Gesetz ausdrücklich erwähnt, die Bibliotheken sind bei der Auswahl der Medien unabhängig, die ZBW Kiel und Musikbibliotheken sind drin, das Pflichtexemplarrecht wurde integriert und um die Sammlung von Netzpublikationen erweitert. 

Abschließend geht die Ministerin auf das Gesetzgebungsverfahren zum Bibliotheksgesetz Rheinland-Pfalz ein, bei dem auch die oppositionelle CDU das Gesetz am Ende mitgetragen hat. Sie wirbt daher auch für Schleswig-Holstein für einen breiten Konsens: “Liebe CDU, geben Sie sich einen Ruck, bringen Sie sich ein, engagieren Sie sich!“

Für die CDU sprach der Abgeordnete Peter Sönnichsen:

Er lobt knapp die Arbeit der Bibliotheken, um danach zum Gesetzentwurf zu sprechen,wo er vor allem auf die finanzielle Seite eingeht. Dass es keinerlei finanzielle Verpflichtungen im Gesetz gibt, wird kritisiert. Das Gesetz sei ein zahloser Tiger, Unverbindlichkeit in Perfektion.

Für die SPD sprach die Abgeordnete Beate Raudies:

Sie schildert zunächst die Vorgeschichte des Bibliotheksgestzes, wobei sie bemerkt, dass schon die große Koalition in der vorletzten Legislaturperiode über ein Bibliotheksgesetz nachgedacht habe. Sodann geht sie kurz auf den Gesetzentwurf des SSW aus der letzten Legislaturperiode ein. Sie betont beim vorliegenden Entwurf die breite und transparente Diskussion in der Öffentlichkeit und in der Fachwelt.

Als Regelungsinhalte des Gesetzes hebt Raudies hervor: die Verwendung des Begriffs Medienwerk, wodurch deutlich werde, dass Bibliotheken mehr zu bieten hätten als bloß Bücher; die Erwähnung des Büchereivereins als Dienstleistungsagentur; die Förderung von Bibliotheken als Pflichtaufgabe des Landes; schließlich die Stärkung der UB Kiel und der Landesbibliothek.

Für die Bündnis 90/Die Grünen sprach die Abgeordnete Marlies Fritzen:
Grüne

Sie betont, dass mit dem Gesetz der Koalitionsvertrag umgesetzt werde. Bibliotheken seien wichtig, um das kulturelle Erbe zu bewahren, was man angesichts des großen Verlustes beim Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar deutlich sehen konnte. Zudem seien Bibliotheken für eine demokratische Kultur und für Kinder bedeutsam. Der Unterhalt von Bibliotheken sei eine wichtige sozialpolitische Aufgabe, weil nicht jeder den gleichen Zugang zu Bildung und Informationen habe. Bibliotheken dienten Integration und Verständigung, sie seien eine existenzielle Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe. 

Fritzen führt das Bibliotheksgesetz auf die EK Kultur zurück und stellt die breite Zustimmung der Fachwelt zu dem Gesetzentwurf heraus. Das Gesetze fasse rechtliche Bestimmungen zusammen, novelliere das Pflichtexemplarrecht und stärke die Bibliotheken im Land.

Von der Opposition wünsche sie sich konstruktive Vorschläge. Abschließend weist sie darauf hin, dass die “Küstenkoalition” finanzielle Kürzungen der Vorgängerregierung bei den Bibliotheksausgaben rückgängig gemacht habe.

Für die F.D.P. sprach die Abgeordnete Anita Klahn:

Sie nennt den SSW-Entwurf aus der letzten Legislaturperiode mutiger. In der Fachwelt gab es hohe finanzielle Erwartungen. Zentral für die Bewertung des Gesetzes seien Finanzierung und Konnexität. Für eine reine Ist-Beschreibung brauche man kein Gesetz, das im Wesentlichen Absichtserklärungen und unverbindliche Handungsanleitungen enthalte.

Für die Piraten sprache der Abgeordnete Sven Krumbeck:

Er bezeichnet das Thema Bibliotheken als “Markenkern des SSW”. Das Gesetz selbst sei wenig ambitioniert. Da die betroffene Fachwelt aber damit zufrieden sei, wurde Zustimmung der Piraten signalisiert.

Für den SSW sprach die Abgeordnete Jette Waldinger-Tiering:

Waldinger-Tiering betont die Bedeutung von Bibliotheken. Gerade bei Flüchtlingen werde deutlich, wie wichtig ein öffentlicher Informationsort sei. Bibliotheken haben Verfassungsrang. Sie gehören zu einer Stadt wie das Rathaus oder die Schule. Man werde in Zukunft auch auf die Kosten der Digitalisierung achten. Onleihe wird als wichtiges und erfolgreiches Thema bezeichnet. Gelobt wird die Arbeit des Büchereivereins, auf dessen dänische konzeptionelle Wurzeln hingewiesen wird. Bibliotheken seien kulturelle Zentren der Erwachsenenbildung. Abschließend wird die Arbeit der Bibliotheken der Minderheiten näher dargestellt und gewürdigt.

Fazit

Das Gesetz liegt jetzt im Ausschuss. Es wird wohl eine schriftliche und auch eine mündliche Anhörung geben. Die Opposition hat sich mit Ausnahme der Piraten inhaltlich bislang wenig auf das Gesetz eingelassen und nur auf einer rollentypischen Meta-Ebene mit finanziellen Argumenten operiert. Die Herausforderung wird sein, in der Ausschussberatung das Gesetz inhaltlich zu diskutieren. Finanzen sind wichig, aber nicht alles. Das rechtspolitisch aufregende Pflichtexemplarrecht für Netzpublikationen wird das Thema bislang gar nicht wahrgenommen, auch den den sonst so digitalaffinen Piraten nicht.

10. Januar 2016
von BiblioViel :)
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Nennt es nicht Bibliothek

Seit einigen Monaten finden sich immer wieder Berichte in den Medien, dass insbesondere skandinavische öffentliche Bibliotheken damit kokettieren, kaum noch Bücher zu haben und sich stattdessen modern und zeitgemäß als Begegnungszentren, Maker-Spaces und dergleichen mehr präsentieren.

Es fehlt hierzulande nicht an Stimmen, auch und gerade von bibliotheksoffizieller Seite, die diese Entwicklung als Vorbild für die öffentlichen Bibliotheken begrüßen. Der Grund dafür ist einsichtig: Endlich scheint man mit den nach skandinavischem Vorbild transformierten Bibliotheken einen Ausweg aus der durch das Internet und die dort enthaltene Fülle an Informationen drohenden Bedeutungslosigkeit gefunden zu haben.

So weit, so gut, so falsch.

Zwar stimmt es, dass die alte Bücher-Bibliothek sehr viele ihrer Funktionen unwiederbringlich an das Internet verloren hat. Zum Nachschlagen und kurzen Informieren reichen die Online-Angebote in 99,9% aller Fälle mehr als aus. Das bedeutet aber nicht, dass man nun 3D-Drucker und Internetcafés mit Infotheke betreiben muss, um das vorhandene bibliothekarische Personal bis zur Rente noch irgendwie sinnvoll einzusetzen. Oder doch? Tatsächlich scheint ein wesentlicher Grund für die positive Grundstimmung den skandinavischen Entwicklungen gegenüber mehr eine Mentalität der Besitzstandwahrung als eine in der Sache begründete Notwendigkeit zu sein. Wenn einem nun die Fälle der Bücherwelt davonschwimmen, sucht man eben nach einem anderen Geschäftsfeld, das lustigerweise immer noch “Bibliothek” genannt wird. Sentimentalität kann manchmal sehr konservativ sein.

Wenn wir diese neuen Kultur- und Begegnungszentren aber weiterhin “Bibliothek” nennen, ist das allerdings kein Ausdruck einer zukunfsfesten Weiterentwicklung, sondern eine semnatische Verschleierung.

Es ist nämlich schlicht falsch, dass es in Zukunft keine Bücher mehr gibt und sich die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Institutionen, die einen öffentlichen Buchbesitz zur allgemeinen Benutzung vorhalten, nicht mehr stellt.

Richtig ist, dass solche Einrichtungen, die allein ich weiterhin als “Bibliothek” bezeichnen möchte, eine andere Bedeutung und Funktion haben werden, als das früher der Fall war, als Bibliotheken noch das Monopol auf öffentlich verfügbare Informationsmittel hatten. Diese andere Funktion wird eine speziellere und eine - gesellschaftlich gesehen - vermutlich auch geringere und leisere sein, als sie die Bibliothek im vordigitalen Zeitalter hatte.

Richtig ist aber auch, dass die allgemeine Digitalisierung und die faszinierenden Möglichkeiten des Internet neue Bedürfnisse nach kulturellen Einrichtungen und Begegnungsorten entstehen lassen. Solche Einrichtungen könnten in der Tat die eingangs genannten skandinavischen “Bibliotheken” sein.

Aber man soll sie bitte nicht “Bibliothek” nennen und meinen, hier liege die Zukunft des Bibliothekswesens.

Diese Einrichtungen sind nicht die Zukunft, sie sind einfach etwas anderes.

Hier weiter von “Bibliotheken” zu reden, führt im Ergebnis dazu, dass die eigentlichen Bibliotheken, die mit den Büchern nämlich, unverantwortlich vernachlässigt werden. Das fängt mit der Pflege einer spezifischen bibliothekarischen Professionalität an, die nicht selten nur noch mitleidig-verächtlich schief von der Seite angesehen wird, geht über die berufliche Ausbildung, in der genuine Buch-Themen praktisch nicht mehr vorkommen, bis hin zur Forschung, die Berufsbibliothekare gerne Historiken und Kulturwissenschaftlern überlassen und sich für deren Ergebnisse dann noch nicht einmal interessieren. Das klassische Bibliothekswissen ist aber mitnichten veraltet und “kann auch nicht weg”, sondern ist bloß für weniger Einrichtungen relevant. Das ist alles.

Und die neuen “Bibliotheken” mit ihren Maker-Spaces? Hier wird man ganz eigene Kompetenzen, Professionalitäten und Fächer brauchen, die kaum aus der Bibliothekswissenschaft, sondern vor allem aus der Bildungs- und der Medienwissenschaft kommen werden.

Übrigens hat die ganze Dikussion um die neue buchbefreite “Bibliothek” zwei blinde Flecke.

Erstens sind Maker-Spaces keine Zukunft, denn in 20 Jahren hat jeder im Keller einen 3D-Drucker stehen, womit der Bibliotheksdrucker in etwa so cool sein wird, wie ein heutzutage ein Brockhaus im Regal, wenn jeder die Wikipedia in der Hosentasche hat. Natürlich könnte man als “trendscout” immer wieder neue hippe Tools, die noch keiner hat, zum allgemeinen “hands on” anbieten. Dann wäre die Zukunft der Bibliothek wohl der Media-Markt mit Starbucks, freiem WLAN und Gruppenarbeitsräumen. Kann man machen. Ist dann aber eigentlich keine Kultureinrichtung mehr. Hier kommen wir zum zweiten blinden Fleck.

Warum diskutieren - im Gegensatz zu Archiven oder Museen - immer die Bibliotheken ihre eigene Abschaffung und Auflösung? Ich würde eine solche Diskussion noch stärker in den Volkshochschulen erwarten, denn kaum etwas ist angesichts gewalter Selbstlernmöglichkeiten im Internet angestaubter, als Lehrerinnen und Lehrer in Klassenräumen zu festen Unterrichtszeiten. Eigentlich rufen die Selbstlernmöglichkeiten doch geradezu nach Begegnungenräumen, in denen entweder unter professioneller Anleitung oder selbstorganisiert Menschen sich zusammenfinden, um gemeinsam Neues zu erarbeiten. Vermutlich sind die berufsständisch organisierten Beharrungskräfte im Volkshochschulbereich (Stellen, Fördergelder, etc.) noch größer als im Bibliothekswesen, wo man immerhin Veränderungen gegenüber offen ist, auch wenn man dabei vorschnell und ohne Not die eigene Identität aufzugeben bereit ist.

Die neue skandinavische “Bibliothek” jedenfalls ist bei Licht besehen ein Hybrid aus Internet und Volkshochschule mit kuratiertem Medienbestand, zu dem auch eine Bibliothek (ja, als eigene (!) Abteilung) mit Bibliothekaren (ja, als eigener (!) Beruf) gehören sollte.

Das Bibliothekswesen und die Bibliothekswissenschaft sollten daher weniger an der Abschaffung ihrer selbst arbeiten und bücherlose Einrichtungen unkritisch bejubeln, sondern sich zusammen mit anderen Professionen als Teil einer neuen öffentlichen Kultur- und Bildungseinrichtung verstehen, wo es auch noch eine Bibliothek gibt und wo gelernte Bibliothekare nicht meinen müssen, auch alles noch andere en passant zu betreuen und zu managen.

17. Dezember 2015
von BiblioViel :)
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Antrag der CDU zu Museen und Digitalisierung im Landtag von NRW beraten

Unter der Drucksachennummer 16/10422 hat die Fraktion der CDU im Düsseldorfer Landtag einen Antrag mit dem Titel „Den Reichtum unserer Museen in Nordrhein-Westfalen durch Digitalisierung besser sichtbar machen – praxistaugliches Urheberrecht zur Digitalisierung von Museumsbeständen einführen!“ vorgelegt.

Der Antrag geht davon aus, dass die digitale Erschließung der Bestände ein großes Potenzial für die Museen in Nordrhein-Westfalen hat. Konkret werden vier Forderungen erhoben:

1. Die Landesregierung soll ein Programm im Sinne von § 14 KFG NW (Kulturfördergesetz) vorlegen, um die Digitalisierung und öffentliche Zugänglichmachung von Museumsbeständen im Internet voranzutreiben.

2. Die Landesregierung soll sich gemäß § 18 S. 2 KFG NW auf Bundes - und europäischer Ebene für ein angemessenes und praxistaugliches Urheberecht zur Digitalisierung von Museumsbeständen einsetzen.

3. Die Landesregierung soll auf die ihrer Rechtsaufsicht unterstehenden Museen und Träger musealer Einrichtungen einwirken, die digitale Nutzung ausgestellter Bestände nach den Grundsätzen des Informationsweiterverwendungsgesetzes zu ermöglichen.

4. Die Landesregierung soll den Aufenthalt eines „Wikipedian in residence“ an ausgewählten Museen des Landes fördern.

In der 101. Sitzung am 17. Dezember 2017 hat der Landtag unter TOP 10 den obigen Antrag behandelt und zur weiteren Beratung, die sicher auch eine öffentliche Anhörung miteinschließen wird, in den Kulturausschuss überwiesen.

Die Redner haben sich in der Landtagsdebatte wie folgt geäußert:

MdL Thomas Sternberg (CDU): Nennt Google Art Project als Möglichkeit, ein Museum digital zu besuchen. Auch Wikipedia erschließe Museen für die digitale Welt. Das Urheberrecht mache hier aber Probleme. Die Hamburger Note wird als wichtige Aktion genannt. Sie sei unmittelbarer Anlass des Antrages gewesen. Das KFG NRW solle die Digitalisierung fördern und erleichtern. Daher wird die Landesregierung gebeten, ein entsprechendes Digitalisierungsprogramm aufzulegen. Zudem solle sie sich für ein praxistaugliches Urheberrecht einsetzen. Sie solle darauf hinwirken, dass die Träger der Museen ihre Bestände digital nutzbar machen. Zudem sollen Wikipedians in Residence gefördert werden.

MdL Andreas Bialas (SPD): Hält seine Rede in Reimen (!) und äußert sich grundsätzlich positiv zu dem Antrag. Beim Thema Urheberrecht geht er auf Wertschöpfungsketten für Künstler ein. Er verspricht eine intensive Beratung des Antrags im Ausschuss.

MdL Oliver Keymis (Grüne):Kurz und knapp: Wir stimmen zu (der Überweisung in den Ausschuss) und frohe Weihnachten.

MdL Ingola Stefanie Schmitz (FDP): Museen sollen digital ertüchtigt werden. Dabei geht sie besonders auf die nicht sichtbaren Depots ein, die durch Digitalisierung erstmals erschlossen werden können. Digitalisierung ermögliche kulturelle Bildung und führe Jugendliche an Museen und deren Bestände heran. Zudem werde durch Digitalisierung ein Mehrwert geschaffen in Form von Erläuterungen und Vertiefungen. Angesichts des knappen Kulturetats wird befürchtet, dass nicht genügend Mittel für die Digitalisierung zur Verfügung stehen. Es dürfe angesichts knapper Kassen nicht sein, dass unter der Förderung der Digitalisierung die konkrete Arbeit vor Ort und die Konzipierung und Durchführung von Ausstellungen leiden. Das Museum als Ort sei auch und gerade neben der Digitalisierung wichtig und unverzichtbar. Schmitz regt an, die Gelder aus den umstrittenen Warhol-Verkäufen, die kritisiert werden, nicht für Spielbanken, sondern für die Digitalisierung von Museumsbeständen einzusetzen.

MdL Lukas Lammla (Piraten): Findet den Antrag gut. Er betont, dass das Urheberrecht von heute Wissen von morgen vernichten könne. Sehr wichtig sei die Nachnutzung bei der Digitalisierung von Kulturgut. Der Fall der Klage eines Mannheimer Museums gegen die Wikipedia wird erwähnt. Die Hamburger Note wird als wichtige Aktion gelobt, weil sie die Probleme kurz, knapp und präzise auf den Punkt bringt. Lammla freut sich auf eine intensive Beratung im Ausschuss. Der Antrag sei im Prinzip gut so, wie er ist. Vermisst wird aber ein Hinweis auf freie Lizenzen für die Digitalisate.

MdL Daniel Schwerdt (fraktionslos): „Vielen Dank für diesen Antrag!“ Gelobt wird das Engagement von MdL Sternberg, der in Sachen Digitalisierung die Piraten alt aussehen lasse. Schwerdt kritisiert den ökonomisch oft wenig sinnvollen, kulturell dafür aber sehr nachteiligen überlangen Schutz des Urheberrechts.

Ministerin Christina Kampmann (SPD): Sie sei euphorisiert von den Antrag, der ein wichtiges Thema aufgreife, aber auch enttäuscht, denn sie vermisse konkrete Hinweise, WIE denn das Urheberrecht geändert werden soll. Sie mahnt Augenmaß an, insbesondere müsse sichergestellt sein, das Künstlerinnen und Künstler von ihrem Schaffen leben können. Positiv erwähnt wird in diesem Zusammenhang der aktuelle Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht. Weiterhin werden laufende Projekte der Digitalisierung von Museumsbeständen aus NRW genannt. Insgesamt befinde man sich auf einem guten Weg.

Der Antrag wurde einstimmig zu weiteren Beratung in den Kulturausschuss überwiesen. Dort soll in öffentlicher Sitzung auch die abschließende Beschlussfassung erfolgen.

Fazit: Quer durch alle Fraktionen ist eine positive Reaktion auf das Thema „Museum und Digitalisierung“ zu beobachten. Zwei Problemfelder zeichnen sich aber bereits ab: Geld und Urheberrecht.

Während das Thema Geld eine politische Entscheidung und Prioritätssetzung auf Landesebene ist, ist das Urheberrecht eine Materie, die in NRW gar nicht gelöst werden kann. Insoweit sind die Hinweise der Ministerin ziemlich neben der Sache; der Landtag NRW ist gar nicht kompetent, ein zeitgemäßes Urheberrecht zu entwickeln.

Sehr problematisch sind die Hinweise von Bialas und Kampmann auf die Frage, ob Künstler von ihrem Schaffen leben können. Diese Fragen, vor allem aber das Urhebervertragsrecht, haben mit den urheberrechtlichen Problemen der Museen praktisch nichts zu tun. Es sind hier vor allem die großen Massen an verwaisten Werken, Werken also, von denen Künstler offenbar gar nicht leben wollen, die nicht digitalisiert werden können. Und die ebenfalls wichtige Weiternutzung von Digitalisaten gemeinfreier Werke, auf die MdL Lammla hingewiesen hat, betreffen Künstler gar nicht.

Es ist leider so, dass mal wieder das fehlende Problembewusstsein von Kulturpolitikern in Sachen Urheberrecht sichtbar wird. Das ist ungefähr so, als wenn ein Sportausschuss über Probleme mit dem Rasen auf einem Fußballplatz sprechen will und die verantwortlichen Politiker die guten Eigenschaften der neu angeschafften Tischtennisplatten loben. Sicher, in beiden Fällen geht es um Sport, einen Ball und eine Spielfläche. Das Problem mit dem Rasen wird trotzdem nicht durch neue Tischtennisplatten gelöst. Warum soll ausgerechnet im Urheberrecht eine solche Herangehensweise für die Lösung der sehr komplexen Probleme hilfreich sein? 

Im Gegenteil. Ein solches Denken ist Teil des Problems. Weil nämlich Politiker oft so wenig differenziert über das Urheberecht sprechen und vollkommen verschiedene rechtspolitische Debatten kurzschlüssig miteinander verschränken, ist das Recht in vielen Teilen so schlecht ist, wie es ist.

So gesehen zeigt der Antrag der CDU sehr wohl einen sehr konkreten Weg auf, wie man das Urheberecht ändert und zeitgemäß anpasst, indem man nämlich über die aktuelle Lage zunächst einmal sachkundig redet und sie versteht.

Der Rest ergibt sich dann hoffentlich in Brüssel und in Berlin.

6. Dezember 2015
von BiblioViel :)
Kommentare deaktiviert für Das Internet, ein Parasit …

Das Internet, ein Parasit …

Der kulturelle Reichtum des Internet ist parasitär. Er beruht zu einem Großteil auf der medialen Stabilität und generationenübergreifenden Sammlung materieller, besonders gedruckter Erinnerungsträger, die jetzt in digitaler Form zugänglich gemacht werden.

Ob das Internet selbst mit eigenen Inhalten einen solchen Reichtum künftigen Generationen wird weitergeben können, ist eine mehr als offene Frage, die leider viel zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.

Dass aber die entschiedenen Freunde des Digitalen nicht selten eine manchmal sogar aggressive Verachtung des Analogen und seiner Sammlung und Pflege zum Ausdruck bringen, wird man vor diesem Hintergrund nur mit sehr großem Wohlwollen als etwas uninformiert bezeichnen können.

Genauso naiv und unmöglich aber ist eine Position, die angesichts der Fragilität des Digitalen in einem vermeintlich sicheren Hafen analoger Medien ihre Zuflucht nehmen will. 

Deprimierend ist bei alledem, dass über eine angemessene Ökologie des kulturellen Erinnerns im digitalen Zeitalter nachzudenken, im Getöse lustvoll erzählter Dystopien buchaffiner Maschinenstürmer und apokalyptischer Untergangsvisionen der Gutenbergalaxis, mit denen sich einige Digitaleuphoriker interessant machen, als esoterische Spielerei weltfremder Theoretiker gilt.

Bleibt zu hoffen, dass bald die Zeit einer entspannten Postdigitalität anbricht, in der man nicht mehr in jedem update einen Messias erwartet oder einen Weltbrand imaginiert, sondern die Dinge und die Daten ganz einfach als das nimmt, was sie sind, nämlich gleichberechtigte Ausdrucksformen kultureller Inhalte mit je eigenen Stärken und einem je eigenen Recht auf Dauer, Sammlung, Bewahrung und Pflege. 

4. Dezember 2015
von BiblioViel :)
Kommentare deaktiviert für Warum Informationskompetenz vielleicht kein so gutes Thema für Bibliothekare ist …

Warum Informationskompetenz vielleicht kein so gutes Thema für Bibliothekare ist …

Nur ein Wahnsinniger würde bestreiten, dass Bibliotheken zentrale Einrichtungen für die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz sind. Auch ich will das nicht tun. ABER: Ich möchte doch sehr deutliche Zweifel anmelden, ob Bibliothekare bei diesem Thema die richtigen Akteure sind.

Ich würde nämlich sagen, dass Bibliothekare wunderbare Bibliotheken betreiben, Werkzeuge bereitstelllen und vieles mehr tun, damit die Nutzer eine Bibliothek nutzen können. Aber WIE sie das kompetent tun, davon hat der Bibliothekar eigentlich nicht so viel Ahung. Es sei denn, er nutzt seine Werkzeuge selbst, recherchiert selbst intensiv in seinen Katalogen, nutzt seine Datenbanken und so weiter. Mit einem Wort: Wenn er selbst wissenschaftlich oder fachlich abreitet, dann, aber auch nur dann, ist er ein sehr kompetenter Ansprechpartner in Sachen Informationskompetenz. In allen anderen Fällen kennt er bestenfalls die Bedienungsanleitungen. Das kommt meist nicht so gut an. Die Nutzer wissen das. Und die Bibliothekare im Grunde auch, nur sagt das keiner.

Ich will das nicht groß und breit theoretisch begründen, sondern einen kleinen Vergleich ziehen: Reden wir vom Essen und zwar von richtig gutem Essen, Sterne-Küche. Eine gut geführte Bibliothek kann in der wuseligen Internet-Informationsgesellschaft durchaus mit einem Gourmet-Restaurant verglichen werden.

Dann wären die Bibliothekare wohl die Köche. Und die Nutzer die Gäste. Klar.

Aber: Schreiben Köche eigentlich Restaurantführer? Nein, sie schreiben vielleicht gute Kochbücher, aber keine Gourmetführer. Das tun ganz andere Leute. Leute, die sich mit der richtigen Komposition verschiedener Gerichte, mit der Auswahl von Begleitweinen und dergleichen mehr sehr gut auskennen. Leute, die wissen, an welchen Tagen und bei welchem Wetter man eher zur indischen und wann man zur westfälischen Küche tendieren sollte. Die Erfahrung des Gourmets macht die Qualität des Restaurantführers aus. Der Koch, der immer nur in seiner eigenen Küche steht, kann sie in dieser Form gar nicht haben.

Lustigerweise meinen aber die Köche Bibliothekare, auch die Restaurantführer schreiben zu können …

Langer Rede kurzer Sinn: Die besten Vermittler von Informationskompetenz sind die Informationspraktiker in den einzelnen Fächern. Sie brauchen natürlich eine Bibliothek und die Arbeit der Bibliothekare, so wie der Gourmet den Koch mit seiner Küche nicht entbehren kann. Aber wenn es angerichtet ist, dann sollte der Koch besser bei seinen Töpfen bleiben. Im Lokal wirkt er nur aufdringlich, deplaziert oder will Komplimente fischen.

An den Tischen beleben sich die Gespräche erst wieder, wenn er in der Küche verschwunden ist. Schließlich möchte man noch einen guten Nachtisch haben!