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16. September 2014
von Bibliotheksrecht
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Anhörung zum Landesbibliotheksgesetz Rheinland-Pfalz

Heute war im Wappensaal des Landtags von Rheinland-Pfalz die öffentliche Anhörung im zuständigen Kulturausschuss zum Bibliotheksgesetz Rheinland-Pfalz (Drucksache 16/3660). Die Anhörung war mit rund 25 Gästen gut besucht. Für die Landesregierung hat der Kulturstaatssekretär Walter Schumacher an der Anhörung teilgenommen. Geladen waren fünf Sachverständige, die alle im Vorfeld auch schriftliche Stellungnahmen abgegeben hatten. Die Sachverständigen haben der Reihe nach vorgetragen. Unmittelbar im Anschluss an eine Stellungnahme gab es jeweils eine Fragerunde.

Der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, Landrat Ernst Walter Görisch, begrüßte das Vorhaben. Er betonte die Wichtigkeit von Bibliotheken für das Grundrecht der Informationsfreiheit. Positiv wurde gewertet, dass es KEINE kommunale Pflichtaufgabe Bibliothek gibt und dass die Kommunen einen substanziellen Spielraum behalten, wie sie das bibliothekarische Angebot auf kommunaler Eben gestalten. Als Beispiele für spezifische Lösungen wurden institutionelle Kooperationen von Schulbibliotheken und Öffentlichen Bibliotheken genannt. Hinsichtlich der Bibliothekförderung wurde angemerkt, dass man sich Hilfen auch für den Ausbau und den Betrieb von Bibliotheken und nicht bloß Projektförderung wünsche. Bei der im Grundsatz begrüßten Ausweitung des Pflichtexemplarrechts auf Netzpublikationen wurde angefragt, ob denn wirklich jede Netzpublikation abzuliefern sei. In der anschließenden Fragerunde ging es um die ehrenamtliche Bibliotheksarbeit. Hier wurde betont, dass mit Blick auf die gestiegenen Anforderungen im Bibliothekswesen zwar eine Professionalisierung nötig sei, Ehrenamtliche jedoch weiter in die Bibliotheksarbeit eingebunden bleiben sollten.

Für das Landesbibliothekszentrum (LBZ) hat Herr Günter Pflaum, der stellvertretende Leiter des LBZ zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Er betonte, dass es wichtig sei, dass das Gesetz alle Bibliothekstypen gleichermaßen umfasse. Begrüßt wurde auch, dass nunmehr in einem Gesetzeswerk alle wesentlichen bibliotheksrechtlichen Bestimmungen zusammengefasst werden. Zwei Punkte wurden anschließend besonders herausgehoben, nämlich erstens die geplante aktuelle, auch Netzpublikationen umfassende Regelung des Pflichtexemplarrechts und zweitens die Bedeutung des Gesetzes für die Öffentlichen Bibliotheken, die eine politische Aufwertung durch das Gesetz angesichts der aktuellen Herausforderungen (Positionierung als Bildungseinrichtung, neue technische Entwicklungen, Angebote von eBooks) sehr gut gebrauchen können. Was die finanzielle Ausstattung der Bibliotheken angeht, so wurde auf das niedrige Niveau der Bibliotheksmitteln in Rheinland-Pfalz hingewiesen. Auch wenn in dem Gesetz keine verbindliche Aufstockung der Mittel vorgesehen sei, so erhoffe man sich doch eine Aufwertung. Pflaum betonte zudem, dass die Förderung und Finanzierung von Bibliotheken mit Blick auf Art. 37 der Landesverfassung eine Gemeinschaftsaufgabe von Land und Gemeinden mit Verfassungsrang sei. Gewünscht werde in diesem Zusammenhang eine Gleichbehandlung mit den Volkshochschulen, jedenfalls was die Schaffung gesetzlicher Grundlagen angeht. Abschließend wurde noch ein Zusammenhang zum Abschlussbericht der EK Kultur von 2007 hergestellt. Pflaum wünschte sich eine parteiübergreifende Unterstützung für das Gesetz. In der anschließenden Fragerunde ging es um die Bedeutung der Wissenschaftlichen Stadtbibliotheken in Trier, Mainz und Worms, um die Abgrenzung des Sammelauftrages im Pflichtexemplarrecht im Bereich von Rundfunk und Fernsehen sowie um die Rolle der Bibliotheken im Bildungskonzept des Landes. Zum letzten Punkt wurden konkrete Beispiele einer gelungenen Sprach- und Leseförderung durch die Bibliotheken genannt.

Richard Stang von der Hochschule der Medien in Stuttgart hat in seiner Stellungnahme die Rolle der Bibliotheken als Bildungseinrichtungen hervorgehoben und deren soziale Funktion sowie ihre Bedeutung für Inklusion und Integration dargestellt. Dabei wurde betont, dass Bibliotheken praktisch die einzige kommunale Einrichtung sind, in der unterschiedliche Bildungsbereiche vernetzt und integriert werden können. Als Bildungseinrichtungen sollen Bibliotheken Wissensdienstleistungen anbieten und zudem die Medien- und Informationskompetenz ihre Nutzer stärken und trainieren. Interessant war der Vergleich zu den Volkshochschulen, die in der Regel nur ein starres Kurssystem anbieten können. Bibliotheken können hier ergänzend individuelle Lernmöglichkeiten schaffen. Die anschließende Fragerunde behandelte die soziale Dimension von Bibliotheken, vor allem ihre Bedeutung als lokaler Treffpunkt. Stang regte eine Projektförderung an, um Bibliotheken gerade im ländlichen Raum im Sinne eines sozialen Treffpunktes weiterzuentwickeln.

In meiner Stellungnahme habe ich die rechtliche Dimension des geplanten Gesetzes gewürdigt. Was die Öffentlichen Bibliotheken angeht, so ist es weniger strikt juristisch, sondern mehr planerisch-politisch zu verstehen. Rechtliche Schwerpunkte des Gesetzes sind demgegenüber die Bibliotheken als Bildungseinrichtungen sowie insbesondere Fragen des kulturellen Gedächtnisses in Gestalt des Pflichtexemplarrechts. Ich habe betont, dass es sehr sachgerecht sei, das Pflichtexemplarrecht nun zusammen mit dem Organisationsrecht des Landesbibliothekszentrums in einem Gesetz zu regeln. Richtig seien auch parallele Regelungen zum Landesarchivgesetz, so dass nunmehr für zwei vergleichbare Kulturbereiche auch vergleichbare Rechtsgrundlagen existieren. Zu den recht zahlreichen Anmerkungen in meiner schriftlichen Stellungnahme habe ich bemerkt, dass es dabei in der Regel um mehr formale Fragen gehe, die im bisherigen Erarbeitungsverfahren des Gesetzes offenbar nur wenig Beachtung gefunden hätten. Insgesamt aber habe ich das Gesetz, wenn man von der fehlenden verbindlichen Förderung einmal absieht, als den besten derzeit vorliegenden Entwurf bezeichnet, der für weitere Bundesländer eine Vorbildfunktion haben kann. Im Zusammenhang mit der in mehreren Ländern zu beobachtenden Debatte um allgemeine Kulturfördergesetze habe ich noch betont, dass solche Gesetze zwar für die Förderung auf kommunaler Ebene einen sinnvollen Rahmen bilden können, für den Bibliotheksbereich wegen der vielen über den rein kommunalen Bereich hinausreichenden Themen (insbes. Pflichtexemplarrecht) und vor allem wegen der Vernetzung mit den wissenschaftlichen Bibliotheken auf ein Bibliotheksgesetz gleichwohl nicht verzichtet werden könne.

Für die Kirchen hat der Vertreter des Katholischen Büros Mainz, Ordinariatsdirektor Dieter Skala, die Bedeutung der kirchlichen öffentlichen Bibliotheken hervorgehoben, die weit mehr als die Hälfte aller öffentlichen Bibliotheken in Rheinland-Pfalz unterhalten. Mit Blick auf das Gesetz wurde eine angemessene Berücksichtigung bei der Bibliotheksförderung angemahnt, die auch die wissenschaftlichen Bibliotheken in Trägerschaft der Kirche berücksichtigen soll. Kritisch wurde noch angemerkt, dass eine geplante Verwaltungsvorschrift zur Bibliotheksförderung wegen der Anforderungen bei den Öffnungszeiten für viele kirchliche Bibliotheken den faktischen Ausschluss von der Förderung bedeuten werde. Mit Blick auf Art. 37 der Landesverfassung wurde zudem eine Gleichbehandlung der kirchlichen Bibliotheken mit den Bibliotheken in Trägerschaft der öffentlichen Hand gefordert.

Insgesamt war die Anhörung sehr ertragreich und konzentriert. Auch die Abgeordneten der Opposition (CDU) haben ein großes Interesse gezeigt. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass es in Rheinland-Pfalz ein Bibliotheksgesetz mit einem parteiübergreifenden Konsens geben könnte. Bemerkenswert war zudem die Aufgeschlossenheit der kommunalen Seite, die Bibliotheksgesetzen ansonsten oft recht reserviert gegenübersteht.