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12. August 2014
von Skriptorium
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Verbreitung juristischer Verlagsdissertationen

Weit über 80% der juristischen Dissertationen erscheinen gegenwärtig in Verlagen und werden über den Buchhandel vertrieben. In den Grundsätzen für die Veröffentlichung von Dissertationen vom 29.04.1977 i. d. F. vom 30.10.1997 der KMK wird für Verlagspublikationen eine Mindestauflage von 150 Exemplaren erwartet, offenbar um eine angemessene Verbreitung sicherzustellen.

Interessant ist freilich die Frage, wie verbreitet Dissertationen, die über Verlage veröffentlicht werden, tatsächlich sind. Ein guter Indikator hierfür ist die Anzahl der Bibliotheken in den Verbundkatalogen, die eine Arbeit in ihren Beständen haben. Damit werden zwar kleine wissenschaftliche Bibliotheken, die Bibliotheken Auslandes und private Bestände, aber auch eventuelle Mehrfachexemplare nicht sauber erfasst, für einen repräsentativen Eindruck reicht diese Methode aber aus.

Wir haben in der UB Hagen 110 juristische Verlagsdissertationen untersucht, die zwischen 1997 und 2010 erschienen sind. Es ist davon auszugehen, dass für diese Arbeiten die Erwerbungen der Bibliotheken weitgehend abgeschlossen sind, so dass in der Rückschau nunmehr die tatsächliche Verbreitung der Arbeiten sichtbar wird.

Hier nun das Ergebnis: Die Arbeiten sind im Schnitt in 21 Bibliotheken zu finden. 22 Arbeiten stehen in weniger als 10 Bibliotheken, 25 in mehr als 30 Einrichtungen. Lediglich 3 Arbeiten waren in mehr als 50 Bibliotheken zu finden. Der höchste Wert lag bei 87 Bibliotheken, allerdings war dies eine Arbeit, die in einem großen eBook-Paket enthalten war und insoweit nicht repräsentativ ist.

Festzuhalten ist, dass nur ein kleiner Teil der Mindestauflage von 150 Exemplaren tatsächlich in Bibliotheken landet. Bedenklich ist, dass der Durchschnitt kleiner ist als die Zahl der Juristischen Fakultäten in Deutschland.

Fazit: Für die reine Zugänglichkeit zu einem Text sind gedruckte Verlagsdissertationen als Verbreitungsweg nicht zu empfehlen. Soweit Verlage eBook-Pakete anbieten und diese Pakte weit verbreitet sind, sieht die Perspektive günstiger aus.

Angesichts dieser doch sehr ernüchternden Befunde verwundert die Zurückhaltung von angehenden Doctores juris beim Thema Open Access. Weniger als 3% (2013, deutschlandweit) der Doktoranden können sich gegenwärtig damit anfreunden.

Als mögliche Gründe für diese Zurückhaltung können sinnvoll vermutet werden:
- der Wunsch, ein gedrucktes Bund in der Hand zu haben (Juristen sind buchaffin!)
- die Unkenntnis, über die tatsächliche Verbreitung von gedruckten Dissertationen

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