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Erste Lesung Bibliotheksgesetz Nordrhein-Westfalen

Am 10. November 2011 wurde der Entwurf der Fraktion der CDU für ein Bibliotheksgesetz Nordrhein-Westfalen in Erster Lesung behandelt.

Für die einbringende Fraktion der CDU sprach die Abgeornete Monika Brunert-Jetter. Sie warb dafür, gemeinsam an einem Bibliotheksgesetz zu arbeiten, zumal bei allen Fraktionen eine große Einmütigkeit darin besteht, dass Bibliotheken wichtige Bildungs- und Kultureinrichtungen sind. Überdies sehe auch der Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung ein Bibliotheksgesetz oder ein Kulturfördergesetz vor. Brunert-Jetter sprach sich dagegen aus, die Bibliotheken in einem allgemeinen Gesetz zur Kulturförderung gesetzgeberisch zu fassen, da hier die ganze Bandbreite bibliothekarischer Funktionen für Bildung, Wissenschaft und Kultur nicht ausreichend abgebildet werden könne.

Für die SPD sprach der Abgeordnete Andreas Bialas. Er beginnt seine Rede mit dem Satz: „Das Bibliotheksgesetz ist wichtig, und es ist richtig, ein Bibliotheksgestez zu erlassen.“ Allerdings vermisst er in dem Gesetz Aussagen zur Pflichtigkeit. Das Grundproblem der schlechten Situation der öffentlichen Bibliotheken liege in den Kommunalfinanzen. Darunter litten nicht nur Bibliotheken, sondern alle Kultureinrichtungen. Sinnvoller erscheine daher ein Gesetz zur kulturellen Bildung (womit Bialas freilich seine eingangs getroffene Aussage etwas relativiert). Konkret müsse das aber noch im Beteiligungsverfahren geklärt werden.

Der Abgeordnete Oliver Keymis von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt den Gesetzentwurf der CDU im Prinzip. Konkret vermisst er aber Aussagen zu den Schulbibliotheken. Daher sei der Entwurf der CDU als Diskussionsbeitrag geeignet, aber als Gesetz noch nicht ausreichend. Im Ergebnis schwebt auch Keymis eher ein Gesetz zur kulturellen Bildung vor. Für ihn ist es zudem sehr wichtig, dass Fördermittel des Landes tatsächlich bei den Bibliotheken ankommen, um die dortige Situation zu verbessern, und nicht in den Kommunen weggespart werden.

Der Abgeordnete Ralf Witzel von der Fraktion der FDP stellt erfreut fest, dass es bei den Bibliotheken um ein Thema geht, bei dem man sachlich miteinander reden könne. Auch für die FDP sind Bibliotheken wichtig. Witzel geht hier auf die positive Entwicklung der Bibliotheksförderung unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung ein. Die FDP wolle nach Witzel konstruktiv an dem Bibliotheksgesetz mitarbeiten und stehe dem Anliegen wohlwollend gegenüber.

Sehr kurz war der Redebeitrag des Abgeordneten Ralf Michalowsky von der Fraktion DIE LINKE. Grundsätzlich könne seine Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. Die Förderung kirchlicher oder privater Bibliotheken aber komme für ihn nicht infrage, da diese Bibliotheken nicht weltanschaulich neutral seien.

Abschließend spricht die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen Ute Schäfer (SPD). Sie hebt das Engagement der Bürger und Kommunen für die Bibliotheken hervor und sieht große Herausforderungen durch die neuen technologischen Entwicklungen, die Bibliotheken zwängen, ihre Existenz immer neu zu beweisen. Die Ministerin steht einem Bibliotheksgesetz als Spartengesetz kritisch gegenüber und scheint ein allgemeines Gesetz für kulturelle Bildung zu favorisieren. Darüber will sie im weiteren Gesetzgebungsverfahren diskutieren. In jedem Fall aber solle das Bibliotheksgesetz keine bloße Absichtserklärung sein, sondern müsse ein klares Profil aufweisen und Standards enthalten. Die Ministerin vermisst beim dem Gesetzentwurf der CDU die Integration der Pflichtexemplarregelungen und deren Ausweitung auf Online-Publikationen. Auch fehlen Aussagen zu Schulbibliotheken. Schäfer freut sich auf eine konstruktive und sachliche Diskussion im Kulturausschuss.

Der Gesetzentwurf der CDU wird in der abschließenden Abstimmung einstimmig (!) in den Kulturausschuss (federführend) sowie in den Ausschuss für Kommunalpolitik überwiesen.

Die Debatte war für den aufgrund fehlender Mehrheitsverhältnisse sehr zerstrittenen Düsseldorfer Landtag angenehm sachlich. Bei allen Beteiligten ist der feste Wille erkennbar, die Förderung von Bibliotheken substanziell voranzubringen und gesetzlich zu fassen. Die spannende Frage der nächsten Wochen und Monate wird sein, ob dies in einem eigenständigen Bibliotheksgesetz oder in einem Gesetz zur Förderung der kulturellen Bildung erfolgen soll.

Es sprechen bessere Gründe für ein eigenes Bibliotheksgesetz. Die Ministerin hat mit dem Thema Pflichtexemplarrecht auch einen Hinweis gegeben, wie ein solches Gesetz noch stärker bibliothekarisch profiliert werden kann.

Überdies kann die technische Herausforderung des digitalen Zeitalters, die die Ministerin ganz richtig aufgezeigt hat, von den öffentlichen Bibliotheken nur durch eine Kooperation mit den auf diesem Gebiet führenden wissenschaftlichen Bibliotheken bewältigt werden.

Aus Sicht des Bibliothekswesens erwiese sich ein Gesetz zur kulturellen Bildung gerade nicht als ein spartenüberwindendes, sondern als ein spartenschaffendes Vorhaben, das im Ergebnis öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken, die gemeinsam die bibliothekarische Versorgung in Nordrhein-Westfalen verantworten, auseinanderreißt.

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