Pl4net.info

Bibliothekarische Stimmen. Independent, täglich.

Lokale und Verbundkataloge unter dem Discovery-Dach

Lorcan Dempsey hat kürzlich bei Educause einen sehr empfehlenswerten Artikel zum Thema Discovery veröffentlicht, der so ziemlich alle aktuellen Fragen um die Zukunft des Kataloges adressiert: Thirteen Ways of Looking at Libraries, Discovery, and the Catalog: Scale, Workflow, Attention. Wer sich in den Weihnachtsferien weiterbilden will: unbedingt mitnehmen!

Erster Entwurf des Suchfilters für den Verbundkatalog

Erster Entwurf des Suchfilters für den Verbundkatalog

Mit dem, was Dempsey und restliche OCLC-Meute gern als Scale bezeichnen, schlage ich mich derzeit auch herum – und würde mich freuen, wenn mir jemand in den “Lokalkatalog im Verbundkatalog”-Dschungel folgt oder gar Ideen zum Entwirren der komplizierten Lage hat : In unserer Summon-Installation wollen wir unserem Publikum gern ermöglichen, zunächst die Welt der lokalen Print- und E-Bestände zu durchsuchen, um dann in einem zweiten Schritt auf den Verbundkatalog auszuweiten und dann möglicherweise auch noch auf den wissenschaftlichen Teil des Webs in größtmöglicher Vollständigkeit. Wir versuchen also, den vormals als lokales Bestandsverzeichnis gedachten lokalen Katalog mit dem Verbundkatalog zu verheiraten und dann noch einen Schritt darüber hinaus zu gehen. Dass das ein ehrgeiziges Ziel ist, habe ich gemerkt, als die erste Lösung zur Integration der Verbunddaten in unser Discovery-System noch ziemlich weit weg von dem gesetzten Ziel eingeschlagen ist:  Die Suche ging zunächst immer grundsätzlich über den Gesamtbestand im GBV, ein nachträgliches Filtern nach einzelnen Bibliotheken war möglich, aber auf den ersten Blick waren dabei dann jeweils die Bibliotheken mit dem meisten Bestand zu der jeweiligen Anfrage zu sehen – in denen das kleine Lüneburg natürlich in schöner Regelmäßigkeit unterging.

Suchfilter in der Summon-Installation der UB Lüneburg

Aktuelle Suchfilter in der Summon-Installation der UB Lüneburg

Seit Kurzem haben wir bessere Möglichkeiten, die Suchergebnisse auf lokale Bestände einzugrenzen-  Lüneburg steht jetzt in dem Filter über die Bibliotheken immer oben. Leider greift der Filter über die Bibliotheken aber nur auf diejenigen Daten zu, die über die Einspielung der Verbunddaten in den Summon-Index gelangt sind. Das sind aber vornehmlich unsere Printbestände – die elektronischen Medien zwar auch, aber eben nur auf Buch- oder Journalebene. Dabei besteht doch Mehrwert beim Ankauf von kommerziellen Indices genau darin, Metadaten auf Aufsatz- oder Kapitelebene zu bekommen. Das macht den Filter relativ uninteressant – und als Standardeinstellung gänzlich ungeeignet, denn wir sind ja eigentlich auf der Suche nach einer Lösung, die Suche initial auf unsere Print- und E-Bestände zu begrenzen und die GBV-Daten also erst in einem zweiten Schritt hinzuzunehmen. Das finde ich konzeptionell nach wie vor richtig, denn die Verbunddaten wecken Begehrlichkeiten, die jedoch letztendlich nur in Frust enden können – zu oft sind für das Publikum doch nur diejenigen Titel relevant, die sich per Mausklick oder maximal per Gang in die Bibliothek erreichen lassen, Bereitstellungsfristen für Magazin- oder Fernleihbestellungen lassen auch verheißungsvoll klingende Titel rasch zurück in die Bedeutungslosigkeit sinken. Genau deswegen geht es von der Summon-Suchbox auf der Bibliothekswebsite jetzt in eine Suche, bei der von vorneherin auf den Lüneburger Bestand eingegrenzt wird. Der entsprechende Filter heißt im Summon-Original “Items at my institution” und wurde – wohl nicht ohne Grund- unübersetzt geliefert. Versuche der direkten Übersetzung (“Medien in meiner Bibliothek”, “Print- und E-Ressourcen in LG”) haben wir rasch verworfen, nicht nur wegen fehlender Eleganz, sondern auch weil das Menü “Suche verfeinern” ohnehin schon voller Begrifflichkeiten ist, die dem unbedarftem Publikum vermutlich Rauchwolken über die Köpfe zaubern.

Dann kam der Vorschlag, den Spieß umzudrehen und den Filter “GBV-Bibliotheken ausschließen” zu nennen. Ja, ich weiß, vor der “GBV”-Abkürzung steht man auch wie ein Ochse vorm Berg. Aber wir haben an der Information, den Schulungen und zuletzt bei unserem kleinen Summon-Event im Hörsaalgang der Hochschule festgestellt: Ganz schön vielen ist zumindest vage klar, dass es eine Art übergreifenden Bibliothekskatalog gibt. Und wem es nicht klar ist, stolpert vielleicht über das gesetzte Häkchen, probiert es aus und erfährt dann über sich ausklappende neue Filter, dass man dann auch in der Region suchen kann. Nicht vollständig überzeugend – nicht zuletzt auch deswegen, weil wir damit einen weiteren Beitrag dazu leisten, unsere BenutzerInnen zu kleinen BibliothekarInnen zu erziehen, indem wir sie zwingen, etwas über die Verbundstruktur des deutschen Bibliothekswesens zu lernen.

Mir ist klar, dass der Anspruch der möglichst nahtlosen Integration von Lokal- und Verbundkatalogdaten einschließlich ihrer jeweiligen Delivery-Wege (Aus- und Fernleihe) ein hoher ist – das Datenmodell unseres Anbieters, dessen Vorgaben für die Oberflächengestaltung, die fehlenden Schnittstellen für Verfügbarkeitsinformationen auf Verbundebene und Kontofunktionen sind mehr oder weniger unverrückbare Wände, an denen man sich den Kopf einrennen kann. Lorcan Dempsey erwähnt darum nicht umsonst die “German Verbundkataloge” besondere Herausforderung für Discovery-Systeme. Die Antwort auf die Frage, wie man Lokal- und Verbundkataloge wohl am besten unter dem Discovery-Dach vereint, könnte man möglicherweise gut darüber lösen lassen, dass eine Filterung auf verschiedene Arten der Verfügbarkeit (online, vor Ort, vor Ort mit Bereitstellungsfrist, Fernleihe mit unklarer Frist) ermöglicht. Das wiederum ist dann aber keine Discovery-Baustelle im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr eine der der Lokalsysteme, die solche Delivery-Informationen bereitstellen.

Wer bis hierher gelesen hat: Danke! Dass es sich lohnt, bei der Weiterentwicklung von Discovery-Systemen am Ball zu bleiben, zeigen übrigens unsere Nutzungszahlen. Eine systematische Auswertung habe ich noch nicht fertig, aber die Zugriffe auf das System selbst, vor allem aber dahinter liegende Dienste steigen ständig. Unser Link Resolver zählt doppelt so viele Anfragen wie vor der Discovery-Einführung und beweist damit schon mal, dass unsere lizensierten Inhalte besser aufgefunden werden.

Kommentare sind geschlossen.