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9. September 2010
von Bibliotheksrecht
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Erstes Änderungsgesetz zum Thüringer Bibliotheksgesetz abgelehnt

Die Fraktion der LINKEN hatte einen Enwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Bibliotheksgesetzes (LT-Drs. 5/1406) in den Landtag eingebracht. Nach der ersten Lesung hat der Landtag in seiner 30. Plenarsitzung am 9. September mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von LINKEN, FDP und GRÜNEN einer Überweisung des Gesetzes in die Ausschüsse nicht zugestimmt.

Dieser Vorgang ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert.

Zuerst stimmt das Verhalten der SPD-Fraktion nachdenklich. Der Gesetzentwurf der LINKEN entspricht einem gemeinsamen Entwurf von SPD und LINKEN aus der vergangenen Legislaturperiode (LT-Drs. 4/4283). Er wäre angesichts der damaligen Debatte und vor dem Hintergrund, dass die SPD in ihrem Wahlprogramm eine Novelle des Bibliotheksgesetzes versprochen hat, eine Frage der Glaubwürdigkeit gewesen, wenigstens eine Diskussion im Ausschuss zu ermöglichen. Die SPD in Thüringen hat sich mit ihrer heutigen Ablehnung bibliothekspolitisch disqualifiziert.

Der zweite Aspekt der Debatte ist fachlicher Art. Er verdient über Thüringen hinaus Beachtung. Die SPD-Fraktion hat ihre Distanzierung von ihrer damaligen Position damit begründet, dass eine Weiterentwicklung eines Spartengesetzes nicht mehr zeitgemäß sei. Es gehe um eine größere Perspektive, nämlich um ein umfassendes Kulturfördergesetz. Dafür aber müsse zunächst ein Kulturleitbild für Thüringen entwickelt werden. In diesem Rahmen sei dann auch der Platz für die Bibliotheksförderung. In ähnlicher Weise hat sich auch die CDU geäußert.

Diese Position aber ist fachlich falsch. Und sie ist inkonsequent. Bibliotheken sind nämlich in allererster Linie Bildungseinrichtungen.

Dies herausgearbeitet zu haben, war doch gerade das große Verdienst des Thüringer Bibliotheksgesetzes. Das wurde auch von der CDU in der Debatte noch einmal herausgestrichen. Konsequenterweise findet sich im Thüringer Bibliotheksgesetz gerade NICHT die Feststellung, dass Bibliotheken Kultureinrichtungen sind. Wenn man ein Kulturfördergesetz mit Bibliotheksbezug will, sollte man wenigstens hier novellieren. Aber wäre das sachgerecht?

Zudem besteht das Biblithekswesen nicht nur aus Öffentlichen Bibliotheken, sondern auch aus wissenschaftlichen Bibliotheken und hier besonders aus Hochschulbibliotheken. Diese Bibliotheken aber gehören sicher nicht zum Regelungsbereich einer Kulturfördergesetzes. Die Öffentlichen Bibliotheken ohne die wissenschaftlichen Bibliotheken gesetzlich weiterzuentwickeln, ist nicht modern und zeitgemäß, wie die SPD und der Thüringer Kultusminister betonen, sondern fällt in ein im gegenwärtigen Bibliothekswesen schon lange überwundenes Spartendenken zurück.

Die Debatte im Thüringer Landtag hat gezeigt, dass in der Politik die besondere Bedeutung von Bibliotheken als Einrichtungen für Bildung und Wissenschaft nicht hinreichend verstanden wurde. Moderne Bibliotheken sind nur in zweiter Linie Kultureinrichtungen. Ihrem Bildungsauftrag entsprechend, sind sie daher auch als eigenständige Einrichtungen gesetzlich zu würdigen.

Dass man aus Finanznot Bibliotheken nicht ihrem Status als Bildungseinrichtungen entsprechend ausstattet, kann man nachvollziehen. Dass man aber die Bibliotheken im Rahmen der Kulturförderung weiterentwicklen - böse Zungen könnten meinen vertagen - will, ist ein Rückschritt und der Anfang vom Ende der noch kurzen Karriere der Bibliotheken als gesetzlich anerkannten Bildungseinrichtungen. Dies als modern und zeitgemäß zu verkaufen, ist Augenwischerei.