In seiner 77. Sitzung am 17. Juni 2010 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt die Gesetzentwürfe von CDU/SPD und DIE LINKE in Zweiter Lesung abschließend beraten und mit den Stimmen von SPD, CDU und mehrheitlich auch DER LINKEN verabschiedet.
Die Aussprache beginnt mit dem Bericht des Abgeordneten Dr. Gunnar Schellenberger (CDU) über die Ausschussarbeit. Der federführende Ausschuss hat eine Beschlussempfehlung vorgelegt. Interessant ist, dass eine konkretere Berücksichtigung von Bibliotheken im Landesentwicklungsplan wegen zu strikter Vorgaben für die Kommunen abgelehnt wurde. Dies war ein Antrag der F.D.P. Hingewiesen wurde zudem auf ein redaktionelles Versehen. Die Förderung von Bibliotheken, ein wichtiges Thema, wie Schellenberger meint, wurde doppelt geregelt.
Die Kultusministerin des Landes Sachsen-Anhalt, Frau Prof. Dr. Birgitta Wolff, hebt hervor, dass das Gesetz die Bedeutung von Bibliotheken als Bildungseinrichtung untermauert. Zudem soll es Planungs- und Handlungssicherheit geben. Eine Pflichtaufgabe wird angesichts der Finanznot abgelehnt.
Der Abgeordnete Stefan Gebhardt (DIE LINKE) betont, dass beide eingebrachten Gesetzentwürfe das gleiche Ziel hatten, nämlich Bibliotheken zu stärken und zu fördern. Daher werde DIE LINKE dem Gesetz mehrheitlich zustimmen. Zwar wollte die Fraktion mehr erreichen, insbesondere eine Pflichtaufgabe und eine kostenfreie Nutzung für Kinder und Jugendliche. Gleichwohl ist nun vorliegende Gesetzentwurf eine Verbesserung. Positiv ist hier die Einordnung von Bibliotheken als Bildungseinrichtungen sowie die Aussagen über die Notwendigkeit von Bestandsaktualisierungen.
Für die Abgeordnete Corinna Reinecke (SPD) ist das Gesetz ein Zeichen für das Kulturgut Bibliothek. Sie hebt hervor, dass Sachsen-Anhalt nach Thüringen nun das zweite Bundesland mit einem Bibliotheksgesetz sei. Zudem stehe in Hessen die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes unmittelbar bevor. Auch andere Länder planten ein entsprechendes Gesetz. Das Gesetz in Sachsen-Anhalt füllt die Empfehlungen der Enquete-Kommission Kultur mit Leben. Es verbessert die öffentliche Wahrnehmung von Bibliotheken und legt zudem wesentliche Aussagen für ihren Betrieb fest. Zudem erleichtert das Gesetz künftig die Bibliotheksfinanzierung. Frau Reinecke dankt ausdrücklich dem DBV Sachsen-Anhalt für seine konstruktive Mitarbeit beim Zustandekommen des Gesetzes. Sie betont, dass KEINE Pflichtaufgabe normiert wurde. Dies war weder realistisch noch mehrheitsfähig. Hervorgehoben wurde noch die Kooperation insbesondere mit Schulen sowie die Vernetzung von Bibliotheken. Positiv ist auch, dass die Landesfachstelle gesetzlich verankert ist.
Der Abgeordnete Gerry Kley (F.D.P.) lehnt das Gesetz für seine Fraktion rundweg ab. Wenn ein Gesetz nichts regelt, sollte man auf es verzichten. Da die Kommunen selbstverständlich Bibliotheken vorhalten wollen, brauche man kein Gesetz. Auch die Festschreibung als Bildungseinrichtung sei nichts Neues und damit verzichtbar.
Der Abgeordnete Jürgen Weigelt (CDU) würdigt das Gesetz als umfängliches Gesetzeswerk zum Bibliothekswesen in Sachsen-Anhalt. Das Gesetz macht die Verantwortung der öffentlichen Hand für Bibliotheken deutlich und fordert sie ein. Weigelt bezeichnet das zugegeben regelungsarme Gesetz als „Placebo“ im positiven Sinn. In diesem Zusammenhang geht er auch ein umfassendes Kulturgesetz ein, das sich Sachsen-Anhalt derzeit aber nicht leisten kann. Das Bibliotheksgesetz sei hier gewissermaßen ein erster Schritt in diese Richtung.
In der anschließenden Schlussabstimmung wurde das Bibliotheksgesetz Sachsen-Anhalt mit den Stimmen von SPD und CDU sowie mit Stimmen DER LINKEN, bei einige Enthalten bei DER LINKEN und Ablehnung bei der F.D.P. in zweiter Lesung angenommen.
Die Debatte ist aufschlussreich. Interessant ist die Einordnung des Bibliotheksgesetzes in den größeren Zusammenhang eines umfassenden Kulturgesetzes. Ob das tatsächlich sachgerecht ist, ist aber noch näher zu untersuchen. Bibliotheken sind in erster Linie Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen und nur in zweiter Linie Orte der Kultur.
Die Kritik der F.D.P. macht auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam. Ein Bibliotheksgesetz, das nicht deutlich mehr Geld bringt, ist leicht dem Vorwurf ausgesetzt, als Gesetz sinnlos zu sein. Umso wichtiger ist es, genuin juristische Themen in diesem Gesetz zu verankern. Das wurde in Sachsen-Anhalt leider nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Zu denken ist hier nur an die Belegexemplarregelung, die zwingend gesetzlich erfolgen muss und in Sachsen-Anhalt im Gegensatz zu Thüringen unterblieben ist.
Insgesamt ist die Debatte ermutigend. Der Gesetzgeber hat sich deutlich für Bibliotheken ausgesprochen. Dies wird Auswirkungen für die künftige Wahrnehmung und Förderung der Bibliotheken haben.